Jonathan Meese hält beim Münchner Literaturfest eine Wutrede gegen Bayreuth und Katharina Wagner

Beim Forum Autoren des Münchner Literaturfests beschimpft der entlassene "Parsifal"-Regisseur über zwei Stunden die Festspielleitung
Robert Braunmüller |
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Bereits einige Stunden vor  seinem Auftritt beim Münchner Literaturfest verbreitete der Maler und Performer Jonathan Meese ein Manifest, in dem er gegen Katharina Wagner wetterte. Die Leiterin der Bayreuther Festspiele entzog ihm vor einer Woche die Regie von Wagners „Parsifal“. Am Freitag wurde bekannt, dass der Wiesbadener Intendant Uwe Eric Laufenberg die Regie übernimmt.

Bei der Veranstaltung im Kesselhalle an der Katharina-von-Bora-Straße beschimpfte Meese rund 45 Minuten lang die Festspielleitung. Katharina Wagner und ihren kaufmännischen Direktor Hans Dieter Sense bezeichnete er als „Pißnelken“ und „Kackärsche“. Den neuen Regisseur nannte er einen „Speichellecker“ und "Lakaien".„Richard Wagner würde sich angesichts der von Bayreuth ausgehenden „Kunsthasskampagne gegen Meese“ im Grabe umdrehen“.

Handelte Katharina Wagner unter Druck?

Meese bezeichnete die angeblich zu hohen Kosten seiner Ausstattung als Vorwand. Bereits im Mai habe er gespürt, dass eine Intrige gegen ihm im Gange sei. Im seien auch nie konkrete Zahlen und Kalkulationen vorgelegt worden. Seiner Ansicht nach habe ihm Katharina Wagner unter dem Druck der Politik und mäzenatischen Vereinigung „Freunde von Bayreuth“ die Regie entzogen. Meese zeigte sich darüber verärgert, dass offenbar bereits schon seit längerer Zeit hinter seinem Rücken mit Laufenberg verhandelt wurde, der seine Dienste selbst angeboten habe, während er sich nie aufgedrängt habe.

Im weiteren Verlauf entfaltete Meese seine These von der „Diktatur der Kunst“. Sie ist mit Wagners Idee der Menschheits-Erlösung mit Hilfe des Musikdramas verwandt. Ihre Radikalität werde in Bayreuth von „haltungslosem künstlerischen Mittelmaß“ derzeit zur musical-haften Unterhaltung einer Elite reduziert. Er wolle ihre ursprüngliche Sprengkraft wiederherstellen.

Messe redete sich in Rage und hatte bisweilen Schaum vor dem Mund. Er selbst sei Parsifal, der am Ende des Musikdramas die Herrschaft der Kunst wiederherstelle. Der Künstler sprach sich auch mehrfach gegen Wahlen, die Demokratie und Parteien aus. Jede Form von Politik sei gleich schädlich und auf Betrug aus. Meese zeigte auch mehrfach den Hitlergruß, warnte aber gleichzeitig davor, Ideologien und Religionen anzuhängen. Hitler habe in seinem letzten Worten angeblich selbst den Nationalsozialismus und den Kommunismus verurteilt. 

War Hitler Bayreuths beste Inszenierung?

Nach etwa 45 Minuten kam Clemens Meyer, der Schriftsteller und Leiter des Forums Autoren beim Literaturfest, kurz zu Wort. Er versuchte Meeses Pathos zu brechen. Danach las der Künstler ein weiteres Manifest vor, das die Thesen seiner ersten Reden noch einmal variierte und das Meyer teilweise mit Zitaten des Revolutioärs St. Just unterbrach. Meese forderte die Presse mehrfach auf, in Bayreuth zu recherchieren und die gegen ihn gerichtete Intrige aufzudecken, deren Drahtzieher er in der Bayerischen Staatskanzlei vermutet.

Nach zwei Stunden fast ununterbrocheen Schimpfens verstiegt sich Meese zu der Behauptung, seit 1945 habe es in Bayreuth keine einzige starke Inszenierung gegeben. „Die letzte starke Inszenierung war Hitler“, so der Künstler. Die ehemaligen Festspielchefinnen Cosima und Winfred Wagner würden Katharina Wagner sofort hinauswerfen, wenn sie von ihrem kunstfeindlichen Treiben erführen. Das Publikum nahm diese  und alle anderen Äußerungen eher amüsiert zur Kenntnis. Proteste gab es keine, Wagnerianer waren offenbar nicht anwesend.

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