Johanna Doderer über ihre Oper "Liliom"

Uraufführung in der Reithalle: Johanna Doderer über die Oper "Liliom" nach dem Stück von Franz Molnár
von  Robert Braunmüller
© Jürgen Heimbach

Uraufführung in der Reithalle: Johanna Doderer über die Oper "Liliom" nach dem Stück von Franz Molnár

Giacomo Puccini wollte das 1909 in Budapest uraufgeführte Stück vertonen. Aber Franz Molnár verweigerte die Zustimmung: „Wenn Sie mein Stück vertonen, wird alle Welt von einer Puccini-Oper sprechen. So aber bleibt es ein Stück von Molnár.“ Nach einem Ballett von John Neumeier (2011) findet „Liliom“ nun doch noch auf die Opernbühne. Josef E. Köpplinger hat die Tragikomödie bearbeitet. Er inszeniert die Uraufführung mit Daniel Prohaska in der Reithalle. Die Musik komponierte Johanna Doderer.

AZ: Frau Doderer, in Wien ist der Stoff populär. In München müssen Sie es uns erklären: Wer ist dieser Liliom?

JOHANNA DODERER: Er ist Ausrufer auf einem Jahrmarkt. Die Frauen laufen ihm nach. Er verführt sie reihenweise.

Warum ist das ein Opernstoff?

Liliom ist brutal und schüchtern zugleich, ohnmächtig gegenüber seinen Gefühlen. An dieser Einsamkeit zerbricht er. Wie alle Figuren dieses Stücks redet er zwar andauernd, ist aber in Wahrheit sprachlos.

Eine Möglichkeit für die Musik, als „tönendes Schweigen“.

Der Stoff ist voller Extreme: Er mischt Derbheit und Initimität mit großen Gefühlen. Damit lässt sich musikalisch arbeiten. Gereizt hat mich vor allem das komische Element, das Schwierigste überhaupt in der Musik.

Die Prater-Atmosphäre ist sehr wienerisch.

Die Sprachlosigkeit der Figuren ist aber nicht an Zeit und Ort gebunden. Mich hat vor allem das Motiv des Karussells interessiert: ein Ort, an dem die Fröhlichkeit und Ausgelassenheit zu Hause sein sollte, der aber in Wahrheit sehr ernst ist. Todernst.

Wie kam Josef Köpplinger auf Sie?

Er hat Musik von mir im Radio gehört, mich angerufen und mir den Stoff vorgeschlagen. Wir sind „Liliom“ Szene für Szene immer wieder durchgegangen. Das hat mir sehr geholfen, „Liliom“ immer besser zu verstehen.

Wie muss man sich Ihre Musik vorstellen?

Ich arbeite mit wiederkehrenden Motiven und schließe die Tonaliät nicht aus – im Gegenteil. Die Behandlung der Stimmen orientiert sich an der italienischen Oper. „Liliom“ kann und sollte unterhalten, ohne gefällig zu werden. Das Orchester hat eine klassische Besetzung. Dazu kommt ein Synthesizer für das Drehorgel-Motiv.

Viele Komponisten fremdeln mit der Oper. „Liliom“ ist ihr fünftes Bühnenwerk.

Ich habe mich schon immer mit Stimmen beschäftigt und Vokalmusik auch schon vor meinem Kompositionsstudium geschrieben. Oper ist auch eine sehr handwerkliche Sache: Man sollte sich mit Stimmen beschäftigen. Sänger sind keine Instrumente, die beliebige Intervalle rauf und runter singen können. Die Musik muss mit dem Atem des Textes gehen. Ich möchte so schreiben, dass sich die Sänger auf das Spiel konzentrieren können und nicht auf bestimmte Intervall-Spannungen.

Haben Sie die Oper speziell für Daniel Prohaska und Angelika Kirchschlager komponiert?

Meine Musik steht für sich. Sie muss auch von anderen Sängern singbar sein. Aber ich mag es, mich auf bestimmte Sängern einzulassen. Mit Angelika Kirchschlager arbeite ich schon länger, mit Daniel Prohaska bin ich die Rolle vor zwei Jahren durchgegangen.

Was ist für Sie die perfekte Oper der Vergangenheit?

Ich habe mich viel mit Richard Strauss beschäftigt, vor allem wegen der Instrumentation. Tschaikowskys „Eugen Onegin“ halte ich für ein sehr gelungenes Stück. Wenn ich gewusst hätte, dass Giacomo Puccini „Liliom“ vertonen wollte, hätte ich aus Respekt gezögert.

Eigentlich sollte mit Ihrer Oper das Gärtnerplatztheater wiedereröffnet werden. Nun wird es doch wegen der Verzögerungen die Reithalle.

Wenn das so sein muss, muss es so sein. Der Raum ist wichtig, aber nicht entscheidend. Mir gefällt die Nähe, die in der Reithalle möglich ist.

Premiere heute, 19.30 Uhr in der Reithalle, Vorstellungen bis 19. November, Karten: Telefon 2185 1960

 

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