Johann Christian Bachs "Zanaida" im Prinzregententheater
Nie wurden mehr Opern komponiert als in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Die einzige, die heute noch gespielt wird, ist Christoph Willibald Glucks "Orfeo ed Euridice" - ein Sonderfall, der mit den damaligen Konventionen bricht. Die Opernnormalität dieser Jahre ist derzeit im Prinzregententheater zu besichtigen und zu hören: Johann Christian Bachs "Zanaida", die 1763 und damit ein Jahr nach Glucks Reformversuch entstand.
Koloraturen und noch mehr Koloraturen
Den Besucher erwarten 20 sehr ähnliche und dankenswerterweise auch nicht zu lange Arien, ein Quartett und ein Duett. Die Musik zielt so gut wie ausnahmslos auf Bravour und Koloratur. Und das ist nach einiger Zeit so monoton wie die im doppelten Dutzend aufgeführten Arien der Königin der Nacht.
Nur die Titelfigur singt gegen Ende eine etwas getragenere Arie. Aus dem Arien-Einerlei erlösen hin und wieder Klarinetten, bisweilen färben zwei Flöten den Streicherklang. Aber die Arien sind allzu ähnlich und charakterisieren die Figuren kaum. Da hilft es wenig, dass sich das Münchner Rundfunkorchester unter Oscar Jockel um Differenziertheit im Drive bemüht: Das Dauer-Brio ermüdet.
In der Teppichfabrik
Hinzu kommt, dass die Ausstatterin Edith Kollath alle Figuren rot gekleidet und mit ähnlichen Kopfbedeckungen gekrönt hat. Es bleibt mühselig, die verschiedenen Akteure der Intrige auseinanderzuhalten, mit der hier die Hochzeit einer türkischen Prinzessin mit einem widerstrebenden Sohn des Herrschers von Persien verhindert werden soll. Und weil einen die Figuren kalt lassen, erlahmt auch das Interesse an ihrer Geschichte, die ziemlich undankbar zu inszenieren ist. Die Regisseurin Sabine Hartmannshenn entschied sich für eine halbherzige, durchaus apart anzusehende Stilisierung.

Weil die Oper in Persien spielt, machte sie einen Teppichwebstuhl zum Schauplatz der Handlung, in dessen Fäden sich die Figuren immer wieder verheddern. Das ist ein allzu naheliegendes und daher leider triviales Bild für die Intrige. Das der Oper zugrundeliegende und von mindestens 15 weiteren Komponisten vertonte Textbuch von Pietro Metastasio spielt eigentlich im antiken Numidien, und auch das ist für die Handlung drittrangig.
Ein mehr als ordentliches Ensemble
Die Studierenden des Studiengangs Musiktheater singen solide bis ausgezeichnet. Harpa Ósk Björnsdóttir, die Sängerin der Titelpartie, ließ sich als indisponiert entschuldigen. Katya Seministy spielte den Prinzen Tamasse nur und ließ sich von der Einspringerin Céline Akcag musikalisch solide vertreten. Der Tenor Haozhou Hu meisterte mit einer kräftigen, schön geführten Stimme heikelste Koloraturen. Tamara Obermayr, Katja Maderer, Anabelle Kern und Laura Hemingway erwiesen sich sämtlich als koloratursicher. Alle hatten Probleme im höchsten Pfeifregister. Und da hätte der Mut nicht geschadet, die Musik den Stimmen anzupassen.
Belcanto in Sinn einer Gestaltung ruhiger Melodien wird von den Sängerinnen und Sängern hier nicht verlangt. Zuletzt wird auch noch der Vater des Komponisten in die Sache hineingezogen: Der Choral "Es ist genug" aus der Kantate "O Ewigkeit, du Donnerwort" ruft die Figuren zur Ordnung, ehe die Oper mit einer sehr unwahrscheinlichen Versöhnung endet.

Das ist - zuletzt - starke Ausdrucksmusik, die man den ganzen Abend vermisst. Die meisten Hörer dürften im Sinn von Gluck Reformbedarf in Richtung Psychologie und Vereinfachung anmelden.
Die Opera seria war nicht umzubringen
Das Publikum war damals anderer Meinung: Die Opera seria wurstelte munter weiter und verwandelte sich im zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts dank Rossinis "Tancredi" ins romantische Melodramma.
Insofern ist es interessant, Johann Christian Bachs "Zanaida" im Opernmuseum zu begegnen. Ob's wirklich Lust auf mehr macht, darf hier bezweifelt werden. Denn es gibt andere und interessantere Epochen der Operngeschichte.
Wieder am 12., 14. und 16. März im Prinzregententheater. Karten unter Telefon 2185 1970 oder www.theaterakademie.de
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