Kritik

Im Zweifel laut: Freddie De Tommaso

Der britische Tenor mit Arien von Verdi, Puccini & Co. im Prinzregententheater
Robert Braunmüller
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Der britische Tenor Freddie De Tommaso.
Craig Gibson 2 Der britische Tenor Freddie De Tommaso.
Der britische Tenor Freddie De Tommaso.
Craig Gibson 2 Der britische Tenor Freddie De Tommaso.

Für alle, die dabei waren, ist das verregnete "Oper für alle"-Konzert der Bayerischen Staatsoper im Mangfallpark von Rosenheim unvergessen. Freddie De Tommaso trocknete an der Seite von Sonya Yoncheva mit hitziger Italianitá nasse Füße, Schuhe und Anoraks. Und für einen Moment schien es, als sei nach dem Ausscheiden von Rolando Villazón der vakante Thron des schmetterndsten und schmachtendsten Tenors der Gegenwart wieder besetzt.

Zwischenzeitlich hat sich mit Jonathan Tetelman weitere Konkurrenz gemeldet. Dessen bläserhaft-metallische Stimme bleibt Geschmacksache. De Tommasos eher baritonaler Tenor vom Domingo-Typ spricht Ohren und Herzen unmittelbarer an. Details seiner Gesangskunst blieben in Rosenheim wegen der Verstärkung ein wenig im Ungefähren. Sie ließen sich nun bei einem mäßig besuchten Arienabend im Prinzregententheater begutachten, den die rustikal aufspielende Philharmonie Baden-Baden unter Heiko Mathias Förster begleitete.

Tut er sich mit Kraftmusik einen Gefallen?

Der 30-jährige Brite (mit italienischen Vorfahren) begann mit der Auftrittsarie des Herzogs aus Verdis "Rigoletto". Hier wurde deutlich: De Tommaso liebt es laut und effektsicher. Seine Stimme ist ideal für draufgängerische Musik von Puccini oder den Veristen, deren Musik an diesem Abend zugunsten von Zarzuelas und neapolitanischen Canzonen ausgespart blieb. Nur stellt sich angesichts diverser Kurz-Karrieren generell die Frage, ob jüngere Sänger ihrer noch ungefestigten Stimme mit dieser Kraftmusik einen Gefallen tun.

Der britische Tenor Freddie De Tommaso.
Der britische Tenor Freddie De Tommaso. © Craig Gibson

In der Arie samt Stretta aus Verdis wenig bekanntem "Corsaro" drehte der Sänger mächtig auf. Kultiviertes Piano - wie es die Klarinettistin und die Oboistin des Orchesters meisterhaft beherrschen - ist seine Sache weniger. De Tommaso bemühte sich am Ende der sogenannten Blumenarie aus "Carmen" immerhin darum. Aber das wirkt bemüht und längst nicht so hinreißend wie das offene Forte seiner Stimme, was einem durchaus Sorgenfalten auf die Stirn treiben kann.

Imponierendes Material

Denn hin und wieder wurde durchaus deutlich, dass seine Höhe nicht wirklich fest auf der schönen, dunklen Mittellage aufsitzt. Im Zweifel neigt De Tommaso immer dazu, die Stärken seiner Stimme herauszustellen, statt ein individuelles Rollenporträt zu entwerfen.

In der Arie "Cielo e mar" aus Amilcare Ponchiellis "La Gioconda" setzte er das zweite und dritte Wort der Titelzeile gestalterisch nicht wirklich vom ersten ab. Geschmacklich irritierte auch eine Neigung zum Schleppen.

De Tommasis Material imponiert, aber der Habitus des Sängers bleibt so altmodisch wie sein Samt-Smoking und die Pavarotti-Gestik. Sorgen muss man sich anscheinend auch um das Publikum von Arienabenden machen: Hier wurde nicht nur angesichts eines Schwächeanfalls die Überalterung deutlicher als bei klassischen Symphoniekonzerten oder einer durchschnittlichen Opernvorstellung.

In der Reihe "Vocalissimo" gastiert am 6. Juni 2025 der Tenor Jonathan Tetelman im Prinzregententheater. Infos unter muenchenmusik.de

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