"Il turco in Italia": Wenn Funken fliegen

Rossinis komische Oper "Il turco in Italia" neu besetzt im Nationaltheater.
von  Michael Bastian Weiß
Irina Lungu, Misha Kiria und Nikolay Borchev in "Il turco in Italia".
Irina Lungu, Misha Kiria und Nikolay Borchev in "Il turco in Italia". © Wilfried Hösl

Für einen Neapolitaner ist Don Geronio ja ein leidensfähiger Ehemann. Dass aber der türkische Fürst Selim ihm seine Fiorilla gleich abkaufen will, geht ihm dann doch zu weit. In Gestalt des Basses Misha Kiria baut er sich vor Alex Esposito auf und überragt ihn hoffnungslos. Esposito-Selim gibt seinen anfänglichen Widerstand schnell auf - und legt kurzerhand, wie schutzsuchend, seinen Kopf an die mächtige Brust des Rivalen.

Christof Loys Inszenierung der Buffa "Il Turco in Italia" von Gioacchino Rossini hatte schon 2007 Premiere. Doch solche urkomischen Szenen hauchen der Produktion bei der Wiederaufnahme echtes Leben ein. Vor allem aber sind die Sänger, die sich alle um die verheiratete, leichtlebige Fiorilla bemühen, sämtlich grandios besetzt. Misha Kiria ist nicht nur ein echter Bass, dessen gewaltige Tiefe selbst in den Ensembles noch gut vernehmbar orgelt, sondern feuert seine Salven von Silben in rasendem Tempo ab, ohne, wie auf wundersame Weise, auch nur eine einzige zu verschlucken. Reiben kann sich diese imposante Figur an Alex Espositos schwarzglänzendem Bariton, auf dass zwischen den beiden die Funken fliegen.

Tenöre: Michele Angelini und Don Narciso

Als ob es nichts kostete, bietet das Stück gleich zwei Tenöre auf: Michele Angelini schmeißt als Don Narciso mit schwindelerregenden Koloraturen bis zum hohen C nur so um sich. Granit Musliu, frischgebackenes Mitglied des Opernstudios, hat als Albazar jetzt schon die Konturschärfe und Durchschlagskraft eines Naturhorns. Und wie der eloquente Nikolay Borchev als beobachtender Poet Prosdocimo während der Aufführung zunehmend lädiert wird und schließlich mit Augenklappe herumhumpelt, ist einfach köstlich.

Die Zaida der etwas zu intensiv agierenden Laura Verrecchia wird von Rossini leider stiefmütterlich behandelt. Er richtet das kompositorische Spotlight auf Donna Fiorilla. Irina Lungu, hübsch, brünett, im Sommerkleid, flattert mal kapriziös, mal huldvoll, zwischen ihren Verehrern hin und her. Ihr Sopran ist zierlich, geschmeidig und verspielt wie ein Kätzchen, dabei angenehm cremig timbriert. Kein Wunder, dass sie alle um den Finger wickelt, auch das Publikum.

Zur guten Laune, die sich im Nationaltheater ausbreitet, tragen die spritzigen Streicher, scharfzüngigen Holzbläser und schmelzend kantablen Hörner des Bayerischen Staatsorchesters bei. Dem Dirigenten Gianluca Capuano wünschte man, dass er den Sinn für Mechanik, den er als Barockmusiker kultivierte, noch durch Natürlichkeit und Freiheit des Musizierens ergänzen würde. Sowohl die Tempi als auch die Lautstärke sind allzu schnell bis zum Anschlag hochgedreht. Es wäre schon ein Anfang, wenn Capuano stärker auf seine exzellenten Sängerinnen und Sänger achten würde, die, wenn sie einmal Atem holen oder eine Phrase auskosten wollen, von ihrem hektischen Dirigenten nicht selten überrannt werden.


Weitere Vorstellungen heute (19 Uhr), 13. Februar (18 Uhr), 18. Februar (19 Uhr), Karten gibt es unter % 21 85 19 20 und unter www.staatstheater-tickets.bayern.de

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