Helge Schmidt blickt auf Steuerskandal: Cum Ex und hopp

"Tax For Free" - im Schwere Reiter blickt Theatermacher Helge Schmidt auf den wohl größten Steuerskandal Europas.
von  Mathias Hejny
Laura Uhlig zwischen Hamburgs ehemaligem Ersten Bürgermeister Olaf Scholz (links) und dessen Nachfolger und damaligem Finanzsenator Peter Tschentscher.
Laura Uhlig zwischen Hamburgs ehemaligem Ersten Bürgermeister Olaf Scholz (links) und dessen Nachfolger und damaligem Finanzsenator Peter Tschentscher. © Foto: Anja Beuger

Stoff für eine Serie dürfte ausreichend vorhanden sein. 2018 hatte der Theatermacher Helge Schmidt das Projekt "Cum-Ex Papers" entwickelt und damit den mit 53 Milliarden Schaden vermutlich größten Steuerskandal Europas in frappierender Anschaulichkeit dramatisiert. Teil 2 ist seit vergangenem Jahr in der Republik unterwegs und war wieder im Schwere Reiter zu sehen. Das bewährte Ensemble aus Ruth Maria Kröger, Laura Uhlig, Jonas Anders und Günter Schaupp macht in "Tax For Free" die Steuersparmodelle der Hamburger Warburg-Bank anschaulich.

Im Schwere Reiter: Helge Schmidt präsentiert Teil 2

Dabei geht es um 47 Millionen aus Cum-Ex-Geschäften, die die Privatbank zwar nie zahlte, sich aber dennoch vom Finanzamt zurückerstatten ließ.

Die Finanzbehörde forderte zunächst die zu Unrecht gezahlten Millionen wieder zurück, bis es zu mehreren Treffen kam zwischen dem Warburg-Aufsichtsratsvorsitzenden Christian Olearius und dem damaligen Ersten Bürgermeister Olaf Scholz, der sich heute als Bundeskanzler an nichts mehr erinnern kann.

Dafür wurden bei Olearius Tagebücher gefunden, in denen diese Gespräche dokumentiert sind und ohne die es keine strafrechtlichen Ermittlungen gegeben hätte. Oliver Schröm, ARD-Investigativjournalist und einer der Experten, die in Videoeinspielungen zu Wort kommen, wittert in den Hamburgischen Verhältnissen eine Bananenrepublik. Im Gegensatz zu einer solchen seien in einer funktionierenden Verwaltung "alle Vorgänge aktenkundig".

Theatermacher verlängert das Geschehen zu Heinrich von Kleists "Michael Kohlhaas"

Helge Schmidt bleibt nicht nur bei den mühsam recherchierten Fakten, sondern verlängert das Geschehen zu Heinrich von Kleist. In dessen 1808 erschienen Novelle "Michael Kohlhaas" erzählt er von einem Fall von Willkür und Selbstjustiz aus dem 16. Jahrhundert. Der von der Obrigkeit betrogene und gedemütigte Pferdehändler rächt sich, indem er mit einem Privatheer plündernd und brandschatzend durchs Land zieht.

Die literarische Referenz ist ein intelligenter Kniff, sich trotz der offensichtlichen Machenschaften zwischen Wirtschaft und Politik nicht beleidigt auf die Position des "Die da oben machen sowieso, was sie wollen" zurückzuziehen. Der gute Mensch Kohlhaas hat zwar Recht, aber um dieses Recht durchzusetzen, lässt Helge Schmidt durchblicken, denkt er sich die Welt sehr quer innerhalb seines persönlichen Horizonts zurecht.

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