Hasses "Artaserse" mit Anja Silja als Markgräfin

Johann Adolph Hasses „Artaserse“ ist nach seiner Premiere im Markgräflichen Opernhaus in Bayreuth nun im Cuvilléstheater zu sehen
Michael Bastian Weiß |
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Anja Silja als Markgräfin Wilhelmine mit Pauline Rinvet und Kathrin Zukowski in Hasses Oper „Artaserse“.
Jean-Marc Turmes Anja Silja als Markgräfin Wilhelmine mit Pauline Rinvet und Kathrin Zukowski in Hasses Oper „Artaserse“.

Mittlerweile ist es undenkbar, eine barocke Oper wie den bislang noch selten gespielten „Artaserse“ von Johann Adolf Hasse mit modernem Instrumentarium aufzuführen – obwohl dies angesichts des Monopols der Historisierer gerade wieder seinen Reiz hätte. Da ist es der Münchner Hofkapelle zugute zu halten, dass sie nicht jeden Unfug der Alte-Musik-Szene mitmacht. In leisen Stellen wird nicht nur ängstlich gehaucht, das Piano versickert nicht, im Forte erfüllt ein robuster und hübsch aufgerauter, nicht allzu kurzatmiger Tuttiklang mit beherzten Holzbläsern und lustig schmetternden Naturhörnern das Theater.

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Die aggressiven Attacken des Orchesters, auch diese heute Standard, machen jedoch den Sängern nicht nur einmal das Leben schwer. Selbst in einem so intimen Raum wie dem Cuvilliéstheater, der für Werke aus dem Barock und Rokoko geschaffen ist, ist die Balance kein Selbstläufer. Pauline Rinvet singt jene Rolle, die in dieser Inszenierung von Balázs Kovalik vereinfachend „Schwester“ genannt wird. Ihr Koloratursopran ist von einer schmelzenden Melodiefreudigkeit, wie sie für dieses Fach alles andere als selbstverständlich ist, wird aber, wenn er nicht gerade in phänomenaler Höhe trillert, ab und an zugedeckt. Besser behaupten kann sich der ähnlich herausragend besetzte Bruder, den Kathrin Zukowski mit leicht ansprechendem, sinnlich timbriertem Sopran verkörpert. Auch der Mezzosopran von Natalya Boeva kommt wegen ihrer klaren Diktion gut durch.

Immer auf Vollgas

Zum Problem werden die allzu gleichförmigen Tempi. Der Dirigent Michael Hofstetter liegt zwar auch hier im Trend, wenn er immer maximale Geschwindigkeit anstrebt. Doch es ist doppelt unverständlich, warum er etwa Eric Ander nicht mehr Zeit für seine Koloraturen zugesteht. Das ist nicht gerade rücksichtsvoll gegenüber der eher schweren Bassstimme. Vor allem aber würde die Musik Hasses, die ohnehin zur Formelhaftigkeit neigt, bei einer zwischendurch einmal etwas vertieften Gangart, einer breiteren Tempovielfalt, auf die Dauer weniger ermüden. Vielleicht könnte sich dann auch der Tenor von Tianji Lin in größerer stimmlicher Weite entfalten.

Neben den drei jungen Sängerinnen ist Anja Silja das Juwel dieser Produktion, die vor vier Wochen bereits in Bayreuth als Eröffnung des Markgräflichen Opernhauses zu sehen war (die AZ berichtete). Als Markgräfin ist die Sopranlegende durchgehend auf der Bühne präsent. Sie erzählt die Geschichte gewissermaßen in der Rückblende, mit halb melancholischer, halb ironischer Weisheit in der charismatischen Sprechstimme. Wenn die 78-jährige Silja in der Schlussszene den rezitativischen Gesang mit anrührender Brüchigkeit andeutet, schwingen all die Rollenerfahrungen eines bis zum Rand erfüllten Sängerlebens mit. Das ist einfach groß.     

Wieder am 13. und 15. Mai, jeweils um 19.30 Uhr im Cuvilliéstheater, Karten: 089/2185 1970

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