Halbzeit bei Dance

Stets spektakulär, aber nicht immer gelungen: Die Halbzeit-Bilanz des 13. DANCE-Festivals
Gabriella Lorenz |
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Das Tanzwunder aus Flandern, das die Kuratoren Nina Hümpel und Dieter Buroch zum Schwerpunkt des 13. DANCE-Festivals erkoren haben, kennt man seit 30 Jahren. Nicht das Neueste, sondern das, „was wichtig ist“, wollten sie zeigen, darunter Einiges, was schon im internationalen Festivalzirkus erprobt, aber noch nicht in München zu sehen war. Wenig Entdeckungen für Experten also, aber Spektakuläres fürs Münchner Tanzpublikum.

Das Spektakulärste bot bis zur Halbzeit zweifellos die Compagnie Marie Chouinard – nicht aus Flandern, sondern aus Kanada – mit „bODY_rEMIX/ gOLDBERG_vARIATIONS“. Chouinards zehn Tänzer entwickeln aus der Kombination von Spitzenschuh und Krücken, Gehhilfen oder Rollatoren Bewegungsmuster behinderter Menschen. Sie tragen Bondage-Fesseln als Kostüme, Körperstützen an Stirn, Rücken oder Mund, die ihnen absurde Verrenkungen abverlangen. Sie schweben damit an Seilen, immer im Kontrast zu klassischer, ins Groteske gezerrter Ballettkunst. Aber in der permanenten Wiederholung, auch der elektronisch-verhackstückten Glenn Gould-Einspielungen, nutzt sich das Staunen schnell ab.

Spannend war Nicole Beutlers Nachinszenierung von zwei Choreografien der Minimalistin Lucinda Childs: Das rhythmisierte, stille Im-Kreis-Gehen der vier Tänzer entwickelt starken Sog. Wie auch Richard Siegal, Münchner „Artist in Residence“, mit seiner Uraufführung „Black Swan“. Ein im Halbdunkel fast unsichtbares Solo vor riesiger Leinwand mit Projektionen der Lyrik-Texte, die Siegal schamanenhaft vor sich hin singt und raunt.

Ebenfalls in Trance, aber in einschläfernde versetzte die Filmperformance „Monkey Sandwich“ von Wim Vandekeybus: Eine unendlich lange Apokalypse-Vision, in der sich aus Privat-Perspektiven Idyllen in Katastrophen verändern. Unter der Leinwand mutiert dazu der nackte Performer Damien Chapelle vom Schwein zum Menschen, der von Feuer bis Waffen die tödlichen Technologien erlernt. In der „Männer-Reihe“ arbeitete sich die Kopergietery aus Gent mit viel Slapstick, Ganzkörper-Rasierschaum und Biergespritze an Macho-Klischees ab.

Wahllos tief in die 80er-Jahre-Kiste griff Hans Van den Broeck mit „Messiah Run!“ – ein wirrer Mix aus Postmoderne-Elementen. Antony Rizzi nimmt dafür die 80er Jahre in New York her – die waren witziger. Aber sein Versuch, im Austausch mit Pina Bausch, dem Dichter Jack Smith und Warhol-Protagonistin Penny Arcade bahnbrechend zu scheitern, gelingt mehr im negativen Sinne. Viel Geschwätz, wenig Erkenntnis, immerhin am Ende etwas Tanz.

Bis 4. 11., www.dance2012.de

 

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