"Hänsel und Gretel" - frisch einstudiert

Engelbert Humperdincks Weihnachtsklassiker „Hänsel und Gretel“ neu einstudiert und dirigiert von Anthony Bramall im Gärtnerplatztheater
von  Michael Bastian Weiß
Der Klassiker zur Weihnachtszeit: "Hänsel und Gretel" im Gärtnerplatztheater.
Der Klassiker zur Weihnachtszeit: "Hänsel und Gretel" im Gärtnerplatztheater. © Christian Pogo Zach

Engelbert Humperdincks Weihnachtsklassiker „Hänsel und Gretel“ neu einstudiert und dirigiert von Anthony Bramall im Gärtnerplatztheater

Seit einigen Wochen erst ist das Staatstheater am Gärtnerplatz nach der Generalsanierung wieder geöffnet – und strahlt wirklich hell, innen wie außen. Da wirkt diese Wiederaufnahme der romantischen Märchenoper „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck gleich noch ein wenig angestaubter. Alter Wein in neuen Schläuchen, sozusagen. Bühnenbild und Kostüme sind betulich, die Trompetenengel, die sich beim „Abendsegen“ im Halbdunkel auf der Bühne formieren, sogar unfreiwillig gruselig. Von der Regie, die seinerzeit, im Jahre 1974, Peter Kertz besorgte, ist nichts mehr vorhanden.

Auf der anderen Seite wird dieses Stück traditionell zur Weihnachtszeit für Kinder gespielt. Was sagen eigentlich die zur Aufführung? In der Pause ergibt sich die Gelegenheit, einmal in das Nachwuchspublikum hineinzuhorchen, das auf dem Balkon in der selben Reihe sitzt. Auf die Frage, wie sie die ersten beiden Akte fanden, antwortet ein Junge höflich „gut“, das etwas ältere Mädchen wird schon ehrlicher: „Geht so“. Grund für das verhaltene Urteil ist, „dass man den Text nicht versteht“. Eine solche klare Aussage der Kinder muss man ernstnehmen. Zumindest in dieser Aufführung ist dieses Manko aber nicht den Sängern anzulasten, die ordentlich deklamieren, sondern der altertümlichen Sprache des Librettos. Es stellt sich wieder einmal die Frage, ob dieses Stück mit seiner schwer wagnernden Musik, das der Komponist als „Kinderstubenweihfestspiel“ bezeichnet hatte, überhaupt so kindgerecht ist.

Verstaubte Optik, schöner Gesang

So wird denn auch das Vorspiel, wie üblich, zur Geduldsprobe für die jungen Hörer. „Bleibt der Vorhang jetzt die ganze Zeit zu?“, lautete die bange Frage eines Kindes. Das Orchester des Gärtnerplatztheaters spielt sehr schön, wunderbar getragen das Blech, etwas zu schmalbrüstig das Holz, vorwitzig mitunter die angenehm kratzigen Kontrabässe.

Doch Kinder wollen halt etwas sehen. Anmerken muss man auch, dass Anthony Bramall, der als neuer Chefdirigent dieses Stück zum ersten Mal im Gärtnerplatztheater dirigiert, ein leicht irritierendes Ausmaß an Routiniertheit zeigt. Weder belebt er mit seinen ständig leicht durchhängenden Tempi die Handlung, noch hat er echtes Interesse an den zauberischen Momenten von Humpercincks Partitur, die arg nüchtern tönen.

Gesungen wird hingegen auf höchstem Niveau. Anna-Katharina Tonauer ist ein stimmlich prächtiger Hänsel, Csilla Csövari eine Gretel, deren kraftvoller, fröhlicher Gesang, ganz modern, keine allzu schutzbedürftige Lieblichkeit ausstrahlt. Ingrid Kaiserfeld als Mutter macht das Leid erfahrbar, das den sozialen, wenig märchenhaften Rahmen der Handlung abgibt, im Gegensatz zum übermütigen Vater, für den Mathias Hausmann, der als Don Giovanni noch im Ausweichquartier des Cuvilliéstheaters einen großen Erfolg hatte, eine Luxusbesetzung darstellt. Kaum jemandem aber gelingt es so zuverlässig, die Kinder zu fesseln, wie dem Tenor Juan Carlos Falcón in der Rolle der Knusperhexe. Sobald er auftritt, steigt die Aufmerksamkeitskurve im Gärtnerplatztheater wieder deutlich an, und das „Kinderstubenweihfestspiel“ wirkt auf einmal ganz frisch und neu.

Wieder am 5., 10., 17., 18. und 26. Dezember 2017 sowie am 7. und 10. Januar 2018, Telefon 2185 1960 und staatstheater-tickets.bayern.de

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