Giacomo Puccinis "La Boheme" in der Pasinger Fabrik
Die gelungene Kunst der Verdichtung: „La Bohème“ inszeniert von Doris Heinrichsen in der Pasinger Fabrik
Die Ergriffenheit war nicht gespielt. So manche Träne wurde gesichtet, im Publikum wie bei den Akteuren. Puccinis „La Bohème“ geht eben unter die Haut, auch in Münchens „Kleinstem Opernhaus“ in der Pasinger Fabrik und dort vielleicht sogar noch mehr als in den heiligen Hallen des Nationaltheaters.
Natürlich liegt das auch daran, dass das Publikum in der niedrigen, akustisch nicht unproblematischen Wagenhalle hautnah dabei ist. Man sieht nicht nur jeden Schweißtropfen eines Sängers. Es lässt sich auch nicht verbergen, wie anstrengend selbst die leisesten Töne sind. Schwerstarbeit eben, die von der Pasinger Puccini-Crew mit bewunderungswürdigem Einsatz bewältigt wurde. Die deutsch-amerikanische Sopranistin Jennifer Jakob sah zwar nicht gerade schwindsüchtig aus, aber sie sang die Mimi herzerweichend innig. Auch ihrem Lover Rodolfo (Lemuel Cuento) schien es nicht so schlecht zu gehen, dass er nicht zu kräftigsten Tenor-Attacken fähig gewesen wäre. Ein wenig Show dufte sein: Andromahi Raptis spielte und sang die Musette derart sexy, dass sich keiner darüber wunderte, warum dem armen Marcello (Nicola Ziccardi) trotz bester stimmliche Qualitäten nur noch die Flucht in die Kapitulation blieb.
Auf Otto Schenks Spuren
Regisseurin Doris Sophia Heinrichsen vertraute den spontanen Emotionen der handelnden Personen – und darauf, dass eine minimale Ausstattung den Spieltrieb eher anstachelt als lähmt. Ein Sessel und ein kleiner Ofen reichten, um Atmosphäre zu schaffen. Im zweiten Akt durfte sich das Publikum einbezogen fühlen. In einem Interview hatte sich Doris Sophia Heinrichsen als bekennender Otto-Schenk-Fan geoutet, dessen Uralt- „Bohème“ noch immer im Nationaltheater zu sehen ist. Es sei ihr verziehen.
Dirigent Andreas Pascal Heinzmann und Kontrabassist Maximilian Fraas hatten die Partitur für eine Minimalbesetzung von zehn Musikern arrangiert. Transparenz war angesagt. Dass sich dennoch, auch Dank der melodieverliebten Geigerin am ersten Pult, die Musik immer wieder einmal in sentimentalen Gefilden verhedderte und so das todtraurige Opern-Vergnügen ein wenig geschmälert wurde, sei lediglich der Ordnung halber erwähnt. Spielentscheidend war es nicht.
Pasinger Fabrik, bis 17. 8., Karten unter Telefon 82 92 90 79