Franz Wittenbrink über seinen "Pumuckl"

Franz Wittenbrink hat für das Staatstheater am Gärtnerplatz ein Familienmusical rund um den Münchner Kobold Pumuckl komponiert
von  Robert Braunmüller
Franz Wittenbrink.
Franz Wittenbrink. © Christian Pogo Zach

Er ist laut und frech, spielt gerne große und kleine Streiche und hält sich an keine Regeln. Pumuckl macht all die Dinge, die jedes Kind, aber auch jeder Erwachsene, immer wieder gerne tun würde, aber meistens nicht tun darf. Die Münchnerin Ellis Kaut erfand 1962 diese beliebte Figur als Kinderhörspiel. Der Komponist Franz Wittenbrink bringt sie nun zusammen mit der Autorin Anne X. Weber und Regisseurin Nicole Claudia Weber auf die Bühne des Gärtnerplatztheaters.

AZ: Herr Wittenbrink, haben Sie als Kind die Hörspiele gekannt?
FRANZ WITTENBRINK: Schon die ersten Folgen. Ich war damals bei den Regensburger Domspatzen. Ich habe in diesem eher unerquicklichen Knabengefängnis eine erstklassige Musikausbildung bekommen – dank meines Onkels, dem damaligen Innenminister und späteren Ministerpräsidenten Alfons Goppel. Am Sonntag durfte ich nach dem Hochamt zu seinen beiden Schwestern, meinen Tanten, und da gab es nach dem Schweinsbraten, den Knödeln und dem Selleriesalat zum Nachtisch das Pumuckl-Hörspiel.

Warum mochten Sie den Kobold?
Weil ich damals direkt aus dem Knabenknast kam, assoziiere ich den Pumuckl mit Freiheit. Es war großartig, in den Hörspielen einen rebellischen und anarchischen Typen zu erleben, der mit seinen Fragen die Welt auf den Kopf stellt. Und seine Manie, die Wörter auf ihre Bedeutung abzuklopfen. Wenn ein Mensch böse ist und eine Brille trägt, könnte es auch „Brülle“ heißen. Pumuckl hat mich in meinem Eigensinn bestätigt, der im Internat nicht gefragt, aber für mein Leben wichtig war.

Pumuckl ist als Kobold unsichtbar – ist das nicht ein Problem, ihn auf die Bühne zu bringen.
Da bin ich wie ein Kind – Behauptung ist alles. Wenn im Sandkasten ein Holzklotz ist, kann der für ein Kind auch ein großer Bagger sein. Das Verschwinden lösen wir aus der Bühne mit dem alten Zaubertrick der Ablenkung. Schulklassen, die uns bei Proben besucht haben, interessieren sich weniger für Pumuckls Existenz als für Theatertricks wie das Verschwinden eines Blutflecks an der Wand.

Steht die markante, bekannte Stimme von Hans Clarin nicht jeder Neufassung im Weg?
Die prägt sehr. Aber wir sind im Musiktheater. Bei uns singt Pumuckl, und das gab es bisher noch nicht. Wir haben ein neues Gesangsfach entwickelt: den Pumucklcountertenor. Er singt in der Altlage – lyrisch, rockig, traurig und bewegend. Auf diese Weise spürt man auch , dass er kein Mensch, sondern ein Klabautermann ist.

Haben Sie einen typischen Wittenbrink-Abend aus vorgefundener Musik zusammengestellt?
An den Kammerspielen habe ich die Lieder nie gecovert, sondern immer versucht, Schlager kulturkritisch umzudrehen. Das ist beim „Pumuckl“ anders. Mein einziges Zugeständnis an Vorlagen ist das Anfangslied „Hurra, Hurra, der Pumuckl ist da“. Denn ich dachte, wenn ich das weglasse, ist die Enttäuschung zu groß. Es kommt immer mal wieder vor, aber in einer schrägen Variante, ungefähr wie die Wiener Walzer im „Rosenkavalier“ von Richard Strauss. Oder wie Jazz bei Kurt Weill. Einmal gibt es sogar ein Bach-Trompetenkonzert über das Motiv, das in den Swing hinüberrauscht.

Es ist richtig komponiert - und ein Musical.
Mit dem Unterschied, dass ich mich weniger an der amerikanischen Tradition orientiere. Ich möchte an der Transparenz und den spielerischen Elementen der deutschen Musik der Zwanziger Jahren anknüpfen Aber auch Funk, Rock und Rap ist dabei. Ich habe nach vielen Jahren als Regisseur gemerkt, dass mir das Komponieren mehr Spaß macht.

Um den Pumuckl gibt’s öfter Streit vor Gericht. War es leicht, die Rechte für eine Theaterfassung zu bekommen?
Ich muss zugeben: Leichter ging es gar nicht. Ellis Kaut und ihre Tochter kannten meine Liederabende aus den Kammerspielen. Es war ein Herzenswunsch der 2015 verstorbenen Autorin, dass ich aus dem Stoff ein Musiktheater mache. Da habe ich mich nicht lange bitten lassen. Und dass es in München rauskommen wird, war für mich auch klar.

Welche Geschichten erzählt Ihre Version?
Wir nehmen die Grundkonstellation, dazu Geschichten, die auf der Bühne funktionieren, wie etwa die Episode auf dem Schloss. Und das große Zerwürfnis zwischen Meister Eder und Pumuckl, wenn der Kobold beim Schlosser Schmitt unterschlüpft und am Ende doch wieder zurückkehrt. Das alles haben meine Lebengefährtin Anne X. Weber aus dem Geist des Pumuckl-Denkens neu geschrieben.

Für welches Alter eignet sich Ihr Musical?
Ich bin mir sicher, dass vieles an der Geschichte auch für Erwachsene ein Spaß wird, es ist eine Musical für alle – von fünf bis 95.

Premiere: Do., 19. April, 18 Uhr, ausverkauft. Wieder am 21., 24., 25., 28. April sowie Mai und Juni, auch vormittags, Telefon 2185 1920

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