Frankreich, du hast es besser
"Schon jetzt gibt es viele Theaterleute, die sich mit schlecht bezahlten, befristeten Arbeitsverhältnissen durchschlagen“, ärgert sich Klaus Zehelein, der Präsident des Deutschen Bühnenvereins und Präsident der Bayerischen Theaterakademie. Zum Semesterauftakt warnte er vor einem wachsenden Theaterprekariat in Deutschland.
Bei den seit Juli laufenden Verhandlungen soll der Handel zwischen den USA und der EU liberalisiert werden. Der besondere Schutz für die Kultur, etwa auch die Filmbranche oder den Buchhandel könnte damit fallen. Wenn künstlerische Berufe generell als bloße Dienstleistung eingestuft würden, werde dies die Konkurrenzsituation und damit die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Theaterschaffenden noch einmal deutlich verschärfen. „Alles ist dann gefährdet.“
Der Bundesregierung warf Zehelein, der seit 2006 die Theaterakademie leitet, Desinteresse vor. Sie solle sich ein Beispiel an Frankreich nehmen, wo der Schutz der nationalen Kulturgüter deutlich ernster genommen werde.
Auch nach Einschätzung des neu berufenen Leiters des Studiengangs Regie für Musiktheater und Schauspiel, Sebastian Baumgarten, müssen angehende Theaterleute mehr denn je Idealismus und Risikobereitschaft mitbringen. „Man kann nicht mehr davon ausgehen, im Alter in der Toskana Olivenbäume zu pflegen“, sagte er in Anspielung auf den Regisseur Peter Stein.
Die von dem 1999 gestorbenen Regisseur und Intendanten Everding im Prinzregententheater gegründete Theaterakademie feiert in diesem Jahr ihr 20-jähriges Bestehen. Mit aktuell pro Jahr etwa 200 Studierenden in acht Studiengängen und mehr als 40 Eigenproduktionen aus den Sparten Musik- und Sprechtheater sowie Musical zählt sie zu den wichtigsten Ausbildungsstätten für Theaterberufe in Deutschland.
Zehelein hat seine Amtszeit um ein Jahr verlängert. Ursprünglich wollte das Ministerium Frank Baumbauer als Nachfolger gewinnen, doch die Verhandlungen scheiterten. Im Frühjahr wurde bekannt, dass Hans-Jürgen Drescher, der seit 2011 die Theaterakademie in Ludwigsburg bei Stuttgart leitet, nach München wechseln soll. Doch der Vertrag scheint immer noch nicht unterschrieben zu sein, eine offizielle Bestätigung der Berufung steht aus. Und das wird langsam peinlich.