Kritik

Frankenstein-Musical in München: Zwei Lehrstunden in Komik

Das Musical "Young Frankenstein" von Mel Brooks gastiert in einer furiosen Fassung im Deutschen Theater.
von  Volker Isfort
Frankenstein junior (Keith Ramsay, links) will seine Intelligenz auf das Monster (Nic Cain) übertragen, es kommt dann ein wenig anders. Igor (Shaun Chambers) und Frau Blücher (Leanne Pinder) schauen gespannt zu.
Frankenstein junior (Keith Ramsay, links) will seine Intelligenz auf das Monster (Nic Cain) übertragen, es kommt dann ein wenig anders. Igor (Shaun Chambers) und Frau Blücher (Leanne Pinder) schauen gespannt zu. © Foto: Martin Kaufhold

Die Bearbeitungen des Frankenstein-Mythos' waren auch 1974 schon unüberschaubar, als Mel Brooks seine Horrorkomödie "Young Frankenstein" gemeinsam mit dem Hauptdarsteller Gene Wilder schrieb. Die Parodie auf die Gruselfilme der Schwarz-Weiß-Film-Zeit mag zudem Patina angesetzt haben, erfuhr aber eine erstaunliche Wiederbelebung, als Mel Brooks aus dem Stück ein Musical machte, mit von ihm selbst komponierter Musik.

Überarbeitete und flottere Version gastiert in München

"Young Frankenstein" lief erfolgreich am Broadway und wurde noch einmal für das Londoner Westend komplett überarbeitet und flotter gemacht. Das temporeiche Musical voller (frivolem) Wortwitz und Slapstick kommt nun in der Produktion des English Theatre Frankfurt ins Deutsche Theater. Münchner Musicalfans kennen und schätzen die Qualität dieser Produktionen bereits von Stücken wie "Tommy", "The Hound of the Baskervilles", "Cabaret" und zuletzt "Sweeney Todd", das durch Corona abgewürgte Gastspiel.

Regie führt nun wie bei "Sweeney Todd" Derek Anderson, für die musikalische Leitung zeichnet erneut Mal Hall verantwortlich. Und der freut sich schon auf die Tage in München, wie er nach einer vom Publikum frenetisch gefeierten letzten Vorstellung in Frankfurt erzählt. "Das English Theatre bietet mit 300 Zuschauern eine intime Atmosphäre, aber das Deutsche Theater ist wirklich spektakulär."

Das in London zusammengestellte Team bietet auf der Bühne perfekt getimten, brillanten Nonsense. Gruseln ist eher keine Option, totlachen schon. Und der Geschichte dürften auch diejenigen Zuschauer leicht folgen können, die nicht jedes Wort der Aufführung in englischer Sprache verstehen.

Frankensteins Enkel reist nach Transsilvanien

Mit dem verrückten Wissenschaftler Victor Frankenstein ist eine Legende gestorben. Enkel und Alleinerbe Frederick (Keith Ramsay) allerdings ist ein seriöser Forscher und grenzt sich schon durch die andere Aussprache des Nachnamens vom berüchtigten Vorfahren ab.

Er reist nach Transsilvanien zum Schloss seines Großvaters, um die lästige Erb-Angelegenheit schnell zu klären, und macht dort Bekanntschaft mit dem buckligen Diener-Enkel Igor (Shaun Chambers) und der angsteinjagenden Frau Blücher (Leanne Pinder), die einst Geliebte seines Großvaters war. Und es kommt, wie es kommen muss.

Als Frankenstein junior und seine Assistentin Inga (Leah B. West) in der Schlossbibliothek den Geheimzugang zum Labor entdecken, siegt die Neugierde über den Verstand.

Auch Frankenstein junior wird sein Monster (Nic Cain) schaffen und den Zorn der Dorfbewohner auf sich ziehen. Und während der in Liebesdingen etwas schwerhörige Forscher doch in die Arme seiner Assistentin fällt, ist schon dessen resolute Verlobte Elizabeth Benning (Corinne Priest) unterwegs zum Überraschungsbesuch.

Keith Ramsay gibt einen Frankenstein, der irgendwo zwischen Charlie Chaplin und Buster Keaton über die Bühne stolpert und Shaun Chambers zeigt als Diener Igor einen Overacting-Parforceritt mit der absoluten Hingabe an die Kunst der Übertreibung.

Inszenierung verschafft einen Abend mit bester Unterhaltung

Heimlicher Star der Frankfurter Inszenierung ist aber Leanne Pinder als uralte Frau Blücher, deren ironisierte Altersgebrechen hysterische Lachanfälle im Publikum verursacht. "Manche Lacher kannte ich schon", sagt Leanne Pinder nach der Vorstellung, "die waren in den vier Frankfurter Monaten bestimmt zehn Mal im Theater."

Man kann es ihnen nicht verdenken, denn die zweistündige Lehrstunde in handwerklich perfektem Klamauk bietet beste Unterhaltung. Die sechsköpfige Liveband liefert einen satten Sound zu Mel Brooks bewusst altmodisch-melodischer Musicalmusik und liefert eine XL-Version von "Puttin' On The Ritz. Da steppt selbst das Monster.


Deutsches Theater, Schwanthalerstraße 13, 19. bis 30. April, Dienstag bis Samstag: 19.30 Uhr, Sonntag 14.30 Uhr, in englischer Sprache, Karten ab 29 Euro unter 089/ 55 234 444

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