Interview

Florian Schroeder: Wenn Layla auf Adorno trifft

Florian Schroeder blickt im "Schlachthof" auf ein besonderes Jahr zurück.
Thomas Becker |
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Der Kabarettist Florian Schroeder.
Der Kabarettist Florian Schroeder. © Frank Eidel

München - Heute gastiert Kabarettist Florian Schroeder mit seinem satirischen Jahresrückblick "Schluss jetzt!" im Theater im Schlachthof und schließt damit ein Jahr ab, in dem eine Krise die nächste jagte: Pandemie, Krieg, Gaskrise und die Hochzeit von Christian Lindner. Am 30. April ist er dann erneut zu Gast, diesmal mit seinem neuen Bühnenprogramm "Neustart".

AZ: Herr Schroeder, alle Jahre wieder spielen Sie im Januar Ihren satirischen Jahresrückblick. Seit wann genau eigentlich schon?
FLORIAN SCHROEDER: Seit 2005. Lange Zeit habe ich das im Duo gemacht und seit 2019 solo.

Florian Schroeder: Man muss das ganze Jahre mitschreiben

Immer wieder zurückschauen statt nach vorn: Ist das auf Dauer nicht nervig, gerade wenn es sich um ein sogenanntes Seuchen-Jahr wie das vergangene handelt?
Nee, das macht eigentlich immer mehr Spaß, je länger ich das mache. Ich schaue mir an, welche Zusammenhänge sich herstellen lassen, welche Perspektiven auf das Jahr sich anbieten, die noch nicht da waren. Es ist ungeheuer spannend, am Ende des Jahres zu sehen, was aus Themen vom Beginn des Jahres geworden ist. Man muss natürlich die Chronistenpflicht erfüllen, das ganze Jahr über mitschreiben - nur so wird das Ganze lebendig.

Und das ja wahrscheinlich nicht nur durch all die großen, omnipräsenten Themen, sondern auch durch viele kleine Curiosa, korrekt? Sonst würde es ja zu frustrierend werden.
Genau, das ist ja auch das Schöne: Man sieht am Ende des Jahres, wie bunt und schön das Jahr war, auch wenn das jetzt ein seltsamer Befund ist. Wie viele Debatten wir geführt haben, die ich auch persönlich spannend finde, zum Beispiel über kulturelle Aneignung: Dürfen wir noch Winnetou lesen? Sich diese Absurdität anzuschauen, macht sehr viel Freude - und bringt die Leichtigkeit ins Programm. Oder ein Sommer-Hit wie Layla: Da sage ich den Leuten, warum dieser Song näher an Adorno ist, als sie glauben.

"Sehe jedes Thema als sportliche Herausforderung"

War in all den Jahren auch mal ein richtig mühsames dabei, das eher zu wenig Stoff bot?
Eigentlich nicht, da ich überhaupt nicht in der Kategorie leicht und schwierig denke, sondern immer nur in der Kategorie "Was ist und was war". Ich sehe jedes Thema als sportliche Herausforderung.

Im Februar schalten Sie um von "Schluss jetzt!" auf Ihr nächstes Programm: "Neustart". Eine Kombination, die Sie eigentlich jedes Jahr spielen könnten.
Es ist gut, wenn nach zwei Monaten Rückblick wieder etwas Neues passiert, aber es ist für mich eine tolle Erfahrung, in dieser Zeit mal etwas Anderes zu machen, aus der gewohnten Routine herauszukommen. "Neustart" ist sozusagen ein "altes neues" Programm, das ich seit 2020 spiele, das ich aber komplett überarbeitet habe. Insofern ist es nach dem Jahresrückblick für mich immer wie eine kleine Premiere.

Anfänge von Florian Schroeder: Promi-Parodie mit 14 Jahren

Mit 14 sind Sie mit der Mama nach Köln gefahren, um in "Schmidteinander" Prominente zu parodieren. Wen hatten Sie damals Anfang der 90er so drauf?
Helmut Kohl, Norbert Blüm und Udo Lindenberg - das waren die drei, die ich konnte und auf die ich sehr stolz war. Was aber nicht besonders originell war, weil das damals jeder machte. Aber so fing ich an.

Aber der Klassenclown war schon in Ihnen angelegt, oder?
Immer. Ich habe mich mit Humor in der Klasse gerettet. Ich hatte keine Chance sonst, weil ich pummelig war und viele Pickel hatte. Also habe ich angefangen, mich über Komik beliebter zu machen.

Florian Schroeder war früher Klassenclown

Was offensichtlich gut funktioniert hat.
Ich hatte dann plötzlich die Leute, die mich zuvor auslachten, als Fans. Aber sie amüsierten sich nicht mehr, weil ich ungeschickt war, sondern weil ich mich über meine eigene Ungeschicklichkeit lustig gemacht habe. Das war ein guter Einsteig, weil ich von Anfang an die wichtigste Schule des Humors lernte: Selbstironie.

Nach der Schule waren Sie drei Jahre mit dem Ensemble "Heinz!" unterwegs, benannt nach Heinz Erhardt. Wie haben Sie den als Jahrgang 1979 noch mitbekommen?
Ich selber gar nicht. Ich habe mich diesen wesentlich erfahreneren Kollegen angeschlossen, weil ich nicht mehr nur Geburtstage und Möbelhäuser bespaßen, sondern vor zahlendem Publikum auftreten wollte. Diese Chance gab man mir, und so habe ich mich in Heinz Erhardt eher eingearbeitet.

Wer aus dem komischen Fach waren Ihre frühen Helden?
Ich bin natürlich ein Anhänger von Harald Schmidt und David Letterman, mit denen ich aufgewachsen bin.

Zu Beginn Ihrer Bühnenkarriere haben Sie zig Kabarettpreise gewonnen, danach war 15 Jahre lang Preis-Pause, bevor es 2021 den Deutschen Kleinkunstpreis gab, womöglich auch wegen Ihres denkwürdigen Auftritts bei der Anti-Corona-Demo im August 2020.
Die lange Pause zwischen den Preisen ist normal und liegt daran, dass man am Anfang als Newcomer viele Wettbewerbe mitmacht, um sich zu etablieren. Irgendwann kommen dann die Preise für das Lebenswerk, und dazwischen bekommt man in Deutschland nochmal den Kleinkunstpreis, sozusagen als Erinnerung daran, dass man zwischen Anfang und Ableben noch da ist. Darüber habe ich mich sehr gefreut, und da hat die Anti-Corona-Demo sicher auch eine Rolle gespielt.

Florian Schroeder und die Querdenker: So kam es zum Aufritt

Wie kam es dazu, dass die Querdenker damals Kontakt zu Ihnen aufgenommen hatten?
Die hatten einen NDR-Auftritt von mir falsch verstanden, gedacht, ich sei einer von ihnen, weil ich einen Verschwörungsideologen gespielt hatte. Daraufhin luden sie mich ein, um auf ihrer Bühne bekanntzugeben, dass ich zu ihnen konvertiert sei. Diese Einladung nahm ich an und erzählte ihnen daraufhin ein paar Dinge zur Meinungsfreiheit, die sie sonst so leidenschaftlich verteidigen.

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2017 sind auch mal gemeinsam mit Peer Steinbrück aufgetreten - wie kam es denn dazu?
Steinbrück war in meiner Satireshow in Berlin - das war in seiner letzten Woche im Bundestag. Das Gespräch war so lustig, dass ich am Schluss sagte: Der Nachwuchs-Kabarettist Peer Steinbrück - bald auf Tour auch in Ihrer Stadt. Steinbrück sagte: "Wenn Sie sagen, wir gehen auf Tour, dann machen wir das." Und so war es dann auch. Heute treffen wir uns noch einmal im Jahr fürs WDR Fernsehen zu einer Show, gerade erst wieder im Dezember.

Jetzt lassen Sie uns doch noch nach vorn schauen: Wie wird 2023 denn nun?
Gute Frage, ich bin selbst sehr gespannt, bin nur leider ein schlechter Prognostiker. In die Glaskugel gucken ist meist ein unseriöses Geschäft. Alle, die immer sagen, was kommt und wie es genau wird, werden meist danach Lügen gestraft. Deswegen halte ich mich da einfach raus. Ich bin mit dem, was ich mache, schon unseriös genug.

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1 Kommentar
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  • muc_original_nicht_Plagiat! am 28.01.2023 04:53 Uhr / Bewertung:

    Selbstverliebtheit trifft auf Selbstüberschätzung, Niveaulosigkeit auf Schenkelklopfersprüche - Schröder plagiiert vom Sprech-Stil her Harald Schmidt, Dieter Nuhr und Richling. Er will mehr sein, als er ist, versucht krampfhaft, seriös, anspruchsvoll und männlich rüberzukommen ... sorry, aber: alles sehr durchschaubar.
    Aber wer es mag ...

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