Fast hätte die Münchener Biennale meine Lebenszeit verschwendet
Man möge sich bei der Lampe versammeln, sagt ein Ordner zu den Zuschauern, die vor einer Schlagzeugbatterie im Foyer der Philharmonie auf Hockern Platz genommen haben. Zu den Glühbirnen kriecht ein in Plastik gehüllter Darsteller, der sich als Wurm zu erkennen gibt. Nun würde eine Reise durch Herz, Hirn und Darm eines Neugeborenen angetreten, das vielleicht auch mal "Ata Ata" müsse. Man dürfe alles anfassen, ein Bär würde Fragen beantworten.

Das aus Studierenden der Theaterwissenschaft und ein paar unermüdlichen Biennale-Besuchern zusammengesetzte Publikum ließ sich daraufhin im ersten Stock auf Kissen nieder, um gemäßigt aufregendem Lounge-Minimalismus eines Vokalensembles zu lauschen (Musik: Andreas Eduardo Frank, Patrick Frank). Nach etwa 20 Minuten trat eine erste Pause ein. Der Wurm forderte auf, einen Kaffee zu nehmen, auch die Bar sei geöffnet. Die Performer ließen sich daraufhin zu Brettspielen nieder.
Reine Zeitverschwendung
Der Rezensent dachte ans Hochwasser, eine staubzusaugende Wohnung, das Klima, unerledigte Mails und die Lage in der Ukraine. Er fragte sich, ob vor diesem Hintergrund ein Bericht über dieses auf vier Stunden anberaumte "Happyning" mit dem Titel "Wie geht's; wie steht's" wirklich jemanden interessiere. Der Bär war nicht greifbar, einer der künstlerischen Leiter der Biennale hatte auch keine Lust, Fragen nach dem weiteren Fortgang der Veranstaltung zu beantworten.
Beim Verlassen der Philharmonie stellte sich heraus, dass der Bär ein Nickerchen in der ehemaligen Abendkasse hielt. Den Verantwortlichen raten wie an dieser Stelle, einmal über die knappe Ressource Lebenszeit nachzudenken, wenn ästhetische Fragen ohnehin keine Rolle mehr spielen. Kunst ist kein Kindergeburtstag: Auch ein "Happyning" sollte jemanden jenseits der Mitwirkenden interessieren.
Einen anfangs anwesenden Kollegen konnten wir auch nicht um seinen Bericht bitten: Er scheint die Veranstaltung noch vor dieser Zeitung verlassen zu haben. Also lässt sich immerhin sagen: Wir waren in unserer Ratlosigkeit nicht allein.
Noch einmal am 7. Juni um 18 Uhr in der vormals als Gasteig bekannten Fat Cat, Foyer der Philharmonie
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