Fantasiewesen in der Schauburg: Wunderbar unaufgeräumt

Regisseur Daniel Pfluger inszeniert "Hunderte Kinder im wilden Kampf" von Eirik Fauske.
von  Mathias Hejny
Mal sehen, was passiert ist: v.l.n.r.: Janosch Fries, Simone Oswald, Lucia Schierenbeck, David Benito Garcia, Michael Schröder, Helene Schmitt: Vorne: Hardy Punzel.
Mal sehen, was passiert ist: v.l.n.r.: Janosch Fries, Simone Oswald, Lucia Schierenbeck, David Benito Garcia, Michael Schröder, Helene Schmitt: Vorne: Hardy Punzel. © Cordula Treml

"Vor meinem Fenster steht ein Dinosaurier", sagt der kleine Junge. Er will nicht von dem riesigen Tier entdeckt werden und bleibt bewegungslos liegen. Plötzlich tuscheln seltsame Stimmen um ihn herum und stören: "Quengel! Drängel! Nerv!", findet der Kleine.

Geheimnisvolle Wesen tragen ihn dann fort. Bevor sie ihn zu einem Schiff mit 100 Kindern bringen, sieht er noch, wie der Großvater in einer Kiste liegt, auf die ein Deckel geschraubt wird und erinnert sich daran, wie der Vater auf Eis ausrutschte. Damals saß der Junge auf Papas Schultern, stürzte auf das Straßenpflaster und am Hinterkopf wurde es "patschnass".

Ein schönes Stündchen Bühnenspektakel

Aber Begriffe wie "damals", "jetzt" oder "demnächst" sind allerdings ebenso wenig hilfreich, das schöne Stündchen Bühnenspektakel "Hundert Kinder in wildem Kampf" in der Schauburg zu begreifen wie Fragen nach Wahrscheinlichkeit und logischer Dramaturgie.

Denn der Norweger Eirik Fauske hat sich in die Hirnwindungen von Grundschülern der ersten bis zu vierten Klasse hineingewagt und eine Welt gefunden, in der die erstaunlichsten, lustigsten, aber auch furchterregendsten Dinge nicht folgerichtig nach und nach passieren, sondern unabhängig von Zeit und Ort.

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Regisseur Daniel Pfluger, Bühnenbildner Flurin Borg Madsen und der für die kunterbunten Kostüme zuständige Florian Buder nahmen die Herausforderungen an ihren erwachsenen Geist an. Dass fünf Leute plus der kleine Junge (Hardy Punzel) hunderte Kinder in wildem Kampf sind, ist ebeno klar wie "Millionen Heringe, Hunderte Wale und Tausende von Robben", die dem Opa nachtauchen, um ihn zu retten.

Es ist einfach nicht zu verstehen, dass der geliebte Großvater für immer am Meeresgrund liegen und nie wieder kommen soll.

Selbstverständliche Unaufgeregtheit und unaufgeräumte Kinderzimmer

Pfluger erzählt und bebildert diese Abenteuer um körperliche Verletzung und Trauer über einen verlorenen Menschen mit selbstverständlicher Unaufgeregtheit und zum gut gelaunten Sound des Trios Club für Melodien. Wie in einem noch nicht aufgeräumten Kinderzimmer liegen Sachen herum, die mal mehr naturalistisch etwas sind oder sehr abstrakt dennoch konkret das Schwert eines Schwertfischs oder eine Schatzkiste sein können.

Und dann wird aus dem Traum ein Alptraum: Der Dinosaurier kommt über das Meer und frisst - "happs, happs" - die Kinder. Nur ganz behutsam legen sowohl der Text als auch die Inszenierung offen, wo die Grenzen zwischen dem Traumgeschehen des Kindes und der Wahrnehmung der Eltern verlaufen. Die wiederum kommentieren einerseits besorgt die Wunde am Hinterkopf, sind aber sehr wütend, wenn ihr Bub im Schlaf sein Zimmer verwüstet. Doch dann ist Papa wieder nett, flötet ein liebevolles "Tschüss!" zum Abschied und auch der Dinosaurier vor dem Fenster ist plötzlich wieder weg.


Schauburg, Elisabethplatz, 8. und 9. November, 10 Uhr, 10. November, 9 Uhr, wieder 8. bis. 10. Dezember, 10 Uhr, 10. Dezember auch 16 Uhr, Karten unter Tel.: 23337155 und online.

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