"Falstaff": ein Schwerenöter in schwerer Not

Die Kammeroper München und Antonio Salieris „Falstaff“ auf Schloss Nymphenburg
von  Mathias Hejny

Die Kammeroper München und Antonio Salieris „Falstaff“ auf Schloss Nymphenburg.

Kein Verdi-Jahr bei der Kammeroper München. Ihren „Falstaff“ bezieht die Truppe im Jahr, in dem Italiens Musikdrama-Gigant seinen 200. Geburtstag feiert, bei Antonio Salieri. Diese Adaption von „Die lustigen Weiber von Windsor“ entstand 94 Jahre vor jener Giuseppe Verdis, die üblicherweise auf den Spielplänen steht.

Unüblich auch der Auftritt des Dirigenten: Der begrüßt das Publikum nicht aus dem Graben, sondern erklimmt zunächst ein Baugerüst, auf dem sein Orchester thront. Zu den nur drei Holzbläsern und fünf Streichern sowie, für die wenigen zarten Momente, ein Lautenspieler, kommen Akkordeon und Marimbaphon hinzu. Deren spezielle Färbungen geben dem knapp geschnittenen und präzise musizierenden Klangkörper unter dem Dach des Hubertussaals im Schloss Nymphenburg Fülle.

Dirigent Nabil Shehata schafft mit diesem Instrumentarium einen sehr transparenten und originellen Sound. Die Position des Orchesters über der Szene ist dabei nicht wirklich neu: Schon im Globe Theatre saßen die Musiker auf einer Hochbühne. Und es ist vor allem das Stammhaus William Shakespeares aus dem 16. Jahrhundert, auf das sich die Inszenierung von Bernd Schadewald und die Ausstattung von Irene Edenhofer-Welzl berufen.

Da das Theater der elisabethanischen Zeit sich nicht als Kunsttempel verstand, sondern als Entertainment für alle, haut der Regisseur, wenn es um Klamotte geht, ordentlich auf die Pauke. Ihm zur Seite steht die Übersetzung des Librettos, die Dominik Wilgenbus fertigte: Muntere, nicht selten intelligente Girlanden von Alliterationen, aber auch allzu unkritisches Herüberretten von historischem Machismo in die Gegenwart.

Titelheld ist der Wiener Florian Pejrimovsky, der von Erscheinung und Stimme her fast zu knuffig erscheint für den unersättlichen und egofixierten Schwerenöter in schwerer Not. Das sehr junge Team von Sängerinnen und Sängern zeigt sich blendend aufgelegt. Vor allem Athanasia Zöhrer erweist sich als Mrs. Ford nicht nur als Meisterin des Flirtens, sondern verfügt über einen frischen Sopran, mit dem sie auch die Verschattungen ihrer Partie bewältigen kann.

Das Zentrum aber ist Viola von der Burg als Königin Elisabeth I. in einer zusätzlichen Rahmenhandlung. Die Schauspielerin, die sich in Münchens Off-Szene bedauerlicherweise rar gemacht hat, legt mit kunstvoll kehligem Timbre eine Queen auf die Bretter, die sich als hexenhaft herrische Regiedespotin lustvoll verwirklicht.

Schloss Nymphenburg (Hubertussaal), bis 14. September mittwochs, donnerstags, samstags und sonntags, 19.30 Uhr, Tel.: 54 81 81 81

 

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