Eulenspiegel Flying Circus : Jetzt fehlt nur noch der Frühling

Am Freitag startet Till Hofmann seinen vier Monate währenden Eulenspiegel Flying Circus mit Kabarett und Konzerten im Innenhof des Deutschen Museums.
von  Thomas Becker
Neben dem großen Sommer-Quartier im Innenhof des Deutschen Museums München werden vom Eulenspiegel Flying Circus auch weitere Spielstätten in München und auf dem bayerischen Land bespielt.
Neben dem großen Sommer-Quartier im Innenhof des Deutschen Museums München werden vom Eulenspiegel Flying Circus auch weitere Spielstätten in München und auf dem bayerischen Land bespielt. © Peter Kneffel/dpa

Zwölf Grad, es zieht wie Hechtsuppe, so dass sich Claudia Koreck an einen tiefgekühlten Open-Air-Auftritt in Garmisch-Partenkirchen erinnert: "Wenn dir beim Gitarre spielen so die Finger einfrieren…" Gerd Baumann nickt mitwissend, murmelt was wie "Allein schon das Stimmen!", während man Michael Mittermeier fast ein wenig in den Arm nehmen mag, so bibbernd wie er in seinem dünnen Sommerjäckchen da steht.

Das so verfrorene wie verschworene Trio lässt sich im Innenhof des Deutschen Museums stellvertretend für rund 130 Künstler vom Wind durchpusten und von Reportern befragen. Sie sind sozusagen die Vorhut des Eulenspiegel Flying Circus, jenem beispiellosen Till-Hofmann-Unterfangen, das schon im ersten Corona-Sommer jede Wiese und jeden Marktplatz bespielte, der nicht bei drei auf dem Baum war.

Suchtpotenzial macht den Auftakt am 21. Mai im Innenhof des Deutschen Museums.
Suchtpotenzial macht den Auftakt am 21. Mai im Innenhof des Deutschen Museums.

Am Freitagabend geht es mit dem Auftritt von Suchtpotenzial und ihrem Programm "Sexuelle Belustigung" nun wieder los (Einlass: 19.15 Uhr). Endlich, möchte man erleichtert seufzen, wenn, tja wenn es nicht gerade so saukalt und ungemütlich wäre. Egal, sehr viele Abende werden ausverkauft sein, trotz Witterung, trotz Masken- und Testpflicht. Von solchen Kinkerlitzchen lassen sich echte Kleinkunstfreunde doch nicht ins Bockshorn jagen! Und bald locken nicht nur wärmere Temperaturen, sondern auch die großen Namen der Kleinkunst: Josef Hader mit neuem Programm, Helge Schneider, der jeden Abend ein neues Programm zaubert, Torsten Sträter, Wolfgang Ambros und viele, viele mehr.

Eintritt nur für Geimpfte, Genesese oder Getestete

Die auftrittslose Zeit scheint sich dem Ende zu neigen. Wobei sich die Künstler keine Illusionen machen: "Dass ich im Herbst wieder auf einer Bühne vor tausend Leuten stehe: Da glaube ich ehrlich gesagt nicht dran", meint Michael Mittermeier. Dem gerade erst mit dem Deutschen Kleinkunstpreis in der neuen Kategorie Stand-up-Comedy Ausgezeichneten geht vor allem die Interaktion mit dem Publikum ab, im Gegensatz zu all den jungen Kolleginnen und Kollegen, die es sich nicht wie er leisten können, "auch mal für ein warmes Essen und ein Bier" zu spielen: "Ich kann ins Fernsehen gehen, ich finde einen Verlag, wenn ich ein Buch schreiben will."

Mit einer richtigen Tour samt sinnvollem Routing rechnet er heuer nicht, aber "zumindest geht es wieder los". Sein erster Gig führt ihn Mitte Juni in eine kleine Bühne in Winterthur: "Die wissen überhaupt noch nicht, wie viele Leute sie reinlassen dürfen." Wie alle anderen kann er es kaum erwarten, wieder vor Publikum zu spielen: "Hier dabei zu sein, ist großartig. Wahnsinn, was der Till da wieder vier Monate lang auf die Beine stellt!"

Dass im Innenhof des Deutschen Museums zunächst nicht mehr als 200 Zuschauer zugelassen sind, stört ihn überhaupt nicht: "Letztes Jahr ist der Funke trotzdem übergesprungen. Und wenn dann hoffentlich bald 400 oder 500 rein dürfen, dann wird es wie in einem Stadion sein!"

Bis wieder neue Regelungen verkündet werden, sieht das Procedere für den Kleinkunstabend im Freien wie folgt aus: Zutritt nur für Personen mit negativem Test, für vollständig Geimpfte oder nachweislich Genesene. Am Einlass wird neben dem Personalausweis der Impfpass oder ein aktuelles, negatives Testergebnis (PCR-Test nicht älter als 48 Stunden oder Antigen-Schnelltest nicht älter als 24 Stunden) benötigt. Das Deutsche Museum plant zudem, ein Schnelltest-Zentrum einzurichten, in dem es dann die Möglichkeit gibt, noch vor Veranstaltungsbeginn einen Antigen-Schnelltest vor Ort durchzuführen - dazu sollte man eine halbe Stunde früher dort sein.

Wenigstens die Maske darf am Platz fallen

Außerdem: Maskenpflicht auf allen 4.000 Quadratmetern Veranstaltungsfläche, aber nicht am Platz während der Vorstellung! Keine Abendkasse, Tickets nur online. Und: Gespielt wird bei jedem Wetter! Die Künstler stehen auf der Kultur-Wanderbühne im Trocknen, die Fans sollten Regen-Kombi und eine warme Jacke dabei haben.

So umständlich das alles auch erscheinen mag: "Gut, dass es jetzt langsam wieder losgeht", sagt Claudia Koreck. Gerade hat sie ein neues Album herausgebracht, "einen eher reduzierten Sound haben wir da entwickelt", sagt sie, auch aus der Corona-Not heraus: "Mit unserer Band haben wir im letzten Jahr keinen einzigen Auftritt gehabt." Die Techniker hielten sich "irgendwie mit Streaming-Konzerten über Wasser", so Koreck, "und unser Schlagzeuger hat so viel geübt wie noch nie und gemeint: ‚Claudia, ich bin so gut geworden! Ich kann's nicht mehr erwarten!'"

Nun, er wird sich noch in Geduld üben müssen, denn so manchen Gig wird Koreck "mit kleinem Besteck" bestreiten, wie sie sagt: nicht als Fünf-Mann-Band, sondern der maximalen Flexibilität halber nur mit Gatte, Produzent und Mit-Musikant Gunnar Graewert. Nie war er so wertvoll wie heute: Er steuert Keyboard, Ukulele und Saxophon bei, während die Gemahlin zur Gitarre singt. Wobei die Frau mit der markanten Stimme noch so ihre Zweifel hat, wie gut diese Stimme überhaupt noch funktioniert: "Derzeit versuche ich daheim schon immer, so laut wie möglich zu singen. Aber wie das dann nach ein paar Auftritten hintereinander funktioniert? Da bin ich mal gespannt." Aber das sind wir ja alle: gespannt. Und vorfreudig. Auch wenn es derzeit noch so zieht.


Das ganze Programm gibt es unter eulenspiegel-flying-circus.de

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