Interview

Enrique Gasa Valgas über "Der große Gatsby" im Deutschen Theater

Die Tanzkompanie aus Innsbruck gastiert in der Schwanthaler Straße
Vesna Mlakar |
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"Der große Gatsby" im Deutschen Theater.
Birgit Gufler 5 "Der große Gatsby" im Deutschen Theater.
Enrique Gasa Valgas Limonada Dance Company kommt mit "Der große Gatsby" ins Deutsche Theater, weitere Produktionen folgen.
Birgit Gufler 5 Enrique Gasa Valgas Limonada Dance Company kommt mit "Der große Gatsby" ins Deutsche Theater, weitere Produktionen folgen.
"Der große Gatsby" im Deutschen Theater.
Birgit Gufler 5 "Der große Gatsby" im Deutschen Theater.
Der in Barcelona geborene Tänzer wurde in Zaragoza ausgebildet und erhielt ein Stipendium an der Escuela Nacional Cubana de Ballet. Nach Stationen in Schottland, Mannheim und Karlsruhe wechselte er 2003 nach Tirol.
Deutsches Theater 5 Der in Barcelona geborene Tänzer wurde in Zaragoza ausgebildet und erhielt ein Stipendium an der Escuela Nacional Cubana de Ballet. Nach Stationen in Schottland, Mannheim und Karlsruhe wechselte er 2003 nach Tirol.
Enrique Gasa Valgas mit Thomas Linsmayer.
Deutsches Theater 5 Enrique Gasa Valgas mit Thomas Linsmayer.

Das gab es am Deutschen Theater lange nicht mehr: die enge Verbindung zu einem populären, stilübergreifend versierten Choreografen und seiner Tanzkompanie. Nun holt Thomas Linsmayer, seit Februar 2022 Leiter des Gastspielhauses, Enrique Gasa Valga nach München: ein vielversprechender Schritt, da der Katalane für inhaltlich zugkräftige wie musikalisch mitreißende Abendfüller bekannt ist. 14 Jahre war der Tänzer Ballettchef am Tiroler Landestheater. Bis zu seinem Ausscheiden jagte ein Publikumserfolg den anderen. Den Sprung zum Ballettchef dort verdankte er der langjährigen Intendantin Brigitte Fassbaender.

AZ: Herr Gasa Valga, Sie sind mittlerweile Leiter eines eigenen Ensembles. Wie fühlt sich das an?

ENRIQUE GASA VALGA: Genau wie dieser Song "Limonada".

Haben Sie Ihre Kompanie deshalb Limonada Dance Company genannt?

Als mein Geschäftspartner Christian Streinmayr mich fragte, wie wir uns nennen wollen, hörten wir zufällig diesen Salsa-Song "El Gran Varon" von Willie Colón und blieben bei der Textzeile "Si del Cielo te caen Limones, aprende hacer limonada" ("Wenn es Zitronen vom Himmel regnet, lerne Limonade zu machen") hängen. Der Name passt zum Gefühl, dass wir jeder Lebenssituation mit Tanz begegnen und ihr mit Liebe und Fantasie etwas Positives abgewinnen können.

Der in Barcelona geborene Tänzer wurde in Zaragoza ausgebildet und erhielt ein Stipendium an der Escuela Nacional Cubana de Ballet. Nach Stationen in Schottland, Mannheim und Karlsruhe wechselte er 2003 nach Tirol.
Der in Barcelona geborene Tänzer wurde in Zaragoza ausgebildet und erhielt ein Stipendium an der Escuela Nacional Cubana de Ballet. Nach Stationen in Schottland, Mannheim und Karlsruhe wechselte er 2003 nach Tirol. © Deutsches Theater

Sie waren sehr erfolgreich als Ballettdirektor am Tiroler Landestheater. Was geschah im Sommer 2023?

Die neue Intendanz hat sich entschieden, in eine andere Richtung zu gehen - mit zwei anderen Ballettdirektoren.

Ihr Ausscheiden verursachte große Aufregung.

Mit einer Ablösung hatte ich nicht gerechnet. Wir hatten während meiner Zeit am Landestheater bereits viele Anfragen für Gastspielreisen. In Seoul gastierten wir mit "Madame Butterfly", zeigten in Spanien mein Tanzstück "Lorca", traten in der Schweiz und anderswo auf. So kamen oft 100 Vorstellungen im Jahr zusammen. Ich bin überzeugt, dass Innsbruck eine kulturelle Weltstadt sein könnte. Die Unterstützung war großartig, und ich dachte: Warum nicht versuchen, eine eigene Kompanie auf die Beine zu stellen?

Im Congress Innsbruck lief sieben Mal ausverkauft ihre neue Tanzshow "Lágrimas Negras". Nun bringen Sie "Der große Gatsby" nach München. Ihre Hommage an "Frida Kahlo - Pasion por la Vida!" wird im Juni folgen. Wie geht das, wenn man plötzlich nicht mehr fest an einem Haus engagiert ist?

Wir starten mit einer flexiblen Kompanie durch, mit der es viel einfacher ist, auf Tournee zu gehen. Und dann hat sich diese Beziehung zum Deutschen Theater ergeben. Das ist fantastisch, denn in Aussicht steht eine langfristige Kooperation. Unser Standort bleibt in Innsbruck, aber wir kommen nach München, gastieren in Monaco und bringen im April im Festspielhaus Erl als Neuproduktion "Der Fall Wagner" heraus.

Wie kam der Kontakt zum Deutschen Theater zustande?

Theaterleiter Thomas Linsmayer kam zu uns. Er war in meinen Ballett-Produktionen im TLT und in Kufstein. Er möchte ein Repertoire aufbauen, das auch mit Tanz zu tun hat. Es ist eine Ehre für uns, Teil dieses tollen Theaters zu sein.

Enrique Gasa Valgas mit Thomas Linsmayer.
Enrique Gasa Valgas mit Thomas Linsmayer. © Deutsches Theater

Wie groß war Ihre Kompanie am TLT und wie viele Tänzer haben Sie nun unter Vertrag?

Am Theater hatten wir 20 Ensemblemitglieder. Nun sind 13 Tänzerinnen und Tänzer fest bei mir engagiert. Sie werden von je einem Sponsor mitfinanziert. Dazu kommen noch vier Gäste. Die meisten kenne ich vom TLT. Alle haben bei mir nach einem Job gefragt. "Der große Gatsby" war 2022 ihre letzte für das TLT kreierte Produktion.

Wie haben Sie die Adaption für Ihre freie Kompanie hinbekommen?

Als ich am TLT nicht verlängert wurde, gab es 10 000 Unterschriften von Zuschauern, die mich unbedingt behalten wollten. Daraufhin haben wir ein Crowdfunding gemacht und einen Sponsor gefunden. Der Schritt in die Selbständigkeit war mit einer großen Investition verbunden. Und natürlich ist das Unternehmen ein Risiko.

Bereits Auftritte über die Innsbrucker Stadtgrenzen hinaus in der Tasche zu haben, gibt dem Team Sicherheit und ist gewiss eine Motivation?

Enrique Gasa Valgas Limonada Dance Company kommt mit "Der große Gatsby" ins Deutsche Theater, weitere Produktionen folgen.
Enrique Gasa Valgas Limonada Dance Company kommt mit "Der große Gatsby" ins Deutsche Theater, weitere Produktionen folgen. © Birgit Gufler

Richtig. Die Resonanz für unser Comeback mit der Auftakt-Uraufführung "Lágrimas Negras" war riesig. Wir haben viele Fans in Innsbruck, die uns folgen, und ich bin sicher, dass sie nach München kommen werden.

Welche Ausstattung wird es hier geben?

Die Kostüme und das Bühnenbild zu "Der große Gatsby" haben wir dem TLT abgekauft. Techniker, die wir für unsere Produktionen engagieren, bringen wir mit. Ich habe bereits in der Vergangenheit große Veranstaltungen - auch Sportevents in den Bergen - organisiert und kann gut mit Technikern umgehen. Zudem habe ich das Glück, dass mich alle schon lange kennen und mir mit dem Preis entgegenkommen.

Konnten Sie auch die Ausstattung zu "Frida Kahlo" für Ihre Kompanie erwerben?

Die gibt es nicht mehr - wir bauen sie aber neu, speziell für das Deutsche Theater.

Ist deshalb erst "Gatsby" und danach Ihre "Kahlo"-Produktion hier zu Gast?

Genau. Zudem findet das "Frida Kahlo"-Gastspiel parallel zur Fußball-Europameisterschaft in München statt. Hoffentlich sind viele von denen, die kein Fußball schauen, ja Fans von Frida Kahlo. Denen wollen wir eine Alternative bieten.

Wie würden Sie Ihre choreografische Arbeit charakterisieren?

Ich komme vom klassischen Ballett, wurde so ausgebildet. Meine Stücke sind immer sehr technisch. Für Bewegungen aller Stilrichtungen bin ich offen. In meinen "Gatsby" haben wir viel Swing, es gibt klassische wie moderne Elemente und Jazz. Drei meiner Tänzer zeigen eine Stepptanznummer, und unser Gatsby singt selbst. Auch eine Mischung aus Tanz und Akrobatik ist immer dabei, manchmal auch Salsa. Grenzen zwischen den Stilen existieren bei mir nicht. Meine Leute sind tolle, klassisch ausgebildete Tänzer, die nahezu alles können.

Offenbar haben Sie keine Scheu vor großen biografischen oder literarischen Themen.

Die klassische Literatur über Tanz zu transportieren, ist faszinierend. Es macht mir einfach Freude, wenn ich so ein Sujet in mich aufnehmen und tief abtauchen kann. Mein Team, zwei Assistenten als Ballettmeister und ein Dramaturg, helfen mir bei der Transformation zum Ballettstück.

F. Scott Fitzgeralds "Der große Gatsby" wurde mehrfach verfilmt - was ist das Spezifische an Ihrer Interpretation?

Bei dieser Story, in der es um viele Partys geht, haben wir die Möglichkeit mit der besten Musik des amerikanischen Swing und Jazz zu arbeiten - also mit richtig guter Live-Musik und tollen Interpreten. Es handelt sich aber um eine bittersüße Party, da letztlich die Liebe in dieser Geschichte eine entscheidende Rolle spielt. Wenn sie fehlt - was nutzt einem da aller Luxus, Geld und Erfolg?! Und Liebe im Tanz auszudrücken, ist nicht allzu schwierig.

Bringen Sie die "Roaring Twenties" und das Lebensgefühl der Literatur-Vorlage auf die Bühne?

Das Stück ist sehr dynamisch. Keine einzige Note kommt aus der Konserve - alles ist live. Band und Sängerin sind Spezialisten für die Musik dieser Zeit. Das Orchester steht mit auf der Bühne. Alle sind so fantastische Musiker, die müssen unbedingt auch zu sehen sein. Dazu tanzen die Figuren aus dem Buch. Das Publikum wird der Geschichte genau folgen können.

Wie fanden Sie selbst zum Tanzen?

Ich war ein sehr kompliziertes, Kind und flog aus der Schule. Deshalb ging meine Mutter mit mir zum Psychologen. Der meinte, ich müsse beschäftigt werden und abends müde ins Bett fallen, riet allerdings von Fußball oder Karate ab, weil mich das nur noch aggressiver machen würde. Es sollte etwas mit Musik sein. Daraufhin wurde ich zum Ballett geschickt, was ich zunächst gehasst habe. Mein Vater versuchte es dann mit Klavierspielen. Das hat überhaupt nicht funktioniert. Ballett habe ich erst akzeptiert, als mir bewusst wurde, dass den Leuten gefällt, wie ich tanze. Endlich war da etwas, das ich konnte und das gut ankam. So bin ich Tänzer geworden. Mit über 30 wollte ich mit dem Tanzen eigentlich aufhören.

"Der große Gatsby" im Deutschen Theater.
"Der große Gatsby" im Deutschen Theater. © Birgit Gufler

Stattdessen wurden Sie Ballettchef.

Ich war viel unterwegs, erschöpft und wollte zurück nach Hause. Mehrere Theater bat ich, mich nicht mehr anzurufen, weil ich mit dem Tanzen fertig sei. Aber Intendantin Brigitte Fassbaender meinte: "Enrique, Du musst bleiben! Warum nicht als Ballettdirektor?"

Sich anderswo als Direktor zu bewerben, war keine Option?

Im Endeffekt war ich so damit beschäftigt, in Innsbruck zu bleiben, dass ich diese Möglichkeit gar nicht ins Kalkül gezogen habe. Nach 15 Jahren wäre auch ein Sabbatical in Ordnung gewesen. Jetzt sitze ich aber hier - mitten in diesem neuen Abenteuer.

Deutsches Theater, 23.2. bis 3. März, Di. - Fr. 19.30 Uhr, Sa. 15 Uhr und 19.30 Uhr, So. 14 Uhr und 19 Uhr; Karten ab 29 Euro unter Telefon 089-55 234 444

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