Elina Garanca über "La Favorite" im Nationaltheater

Gaetano Donizettis "La Favorite“ mit Elina Garanca ist die erste Premiere der neuen Saison an der Bayerischen Staatsoper  
Robert Braunmüller |
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Szenen aus Donizettis "La Favorite" im Nationaltheater.
Wilfried Hösl 4 Szenen aus Donizettis "La Favorite" im Nationaltheater.
Gilbert Duprez und Rosine Stoltz in Donizettis "La Favorite"
Archiv 4 Gilbert Duprez und Rosine Stoltz in Donizettis "La Favorite"
Szenen aus Donizettis "La Favorite" im Nationaltheater.
Wilfried Hösl 4 Szenen aus Donizettis "La Favorite" im Nationaltheater.
Szenen aus Donizettis "La Favorite" im Nationaltheater.
Wilfried Hösl 4 Szenen aus Donizettis "La Favorite" im Nationaltheater.

Gaetano Donizettis „La Favorite“ mit Elina Garanca ist die erste Premiere der neuen Saison an der Bayerischen Staatsoper

MÜNCHEN - "Durchweg schön, der letzte Akt aber: jede Note ein Meisterwerk!“, urteilte der Dirigent Arturo Toscanini über Gaetano Donizettis „La Favorite“. Die Bayerische Staatsoper bringt diese von Kennern hoch geschätzte, aber selten gespielte Oper am Sonntag als erste Premiere der Spielzeit heraus. Amélie Niermeyer inszeniert. Die Titelpartie singt Elina Garanca, ihr Gatte Karel Mark Chichon dirigiert.

AZ: Frau Garanca, wie ist es, als Ehepaar zusammen an einer Neuproduktion zu arbeiten?

ELINA GARANCA: Wir müssen besser vorbereitet sein, weil wir unter Beobachtung stehen. Amélie Niermeyer hat mich bei einer Probe gefragt: „Was wird Dein Mann hier machen?“ Ich habe geantwortet: „Ich weiß es nicht. Zu Hause ist er nur mein Mann und nicht mein Dirigent.“

Verstehen Sie sich bei der Arbeit wortlos mit ihm?

Wir sind seit 16 Jahren zusammen und seit zehn Jahren verheiratet. Karel Mark Chichon kennt mich so gut wie kein anderer Dirigent. Ich kenne ihn so gut wie kein anderer Sänger. Er wartet mit dem Orchester auf mich, wenn ich es brauche. Darüber müssen wir nicht sprechen.

Sehen Sie Ihren Mann durch die gemeinsame Arbeit öfter als andere international arbeitende Sängerinnen?

Ich bin auf der Probebühne, während er mit dem Orchester arbeitet. Bei der Arbeit an „La Favorite“ sehe ich ihn oft auch nur beim Frühstück und beim Abendessen. Wenn unsere Kinder nach München kommen, müssen wir uns entscheiden, wer von uns die Eltern-Rolle übernimmt.

Haben Sie es je bereut, einen Dirigenten geheiratet zu haben?

Ich könnte nie mit jemandem zusammenleben, der von neun bis sechs Uhr arbeitet und am Samstag und Sonntag frei hat. Die Aufführungen sind für meinen Mann oft anstrengender als für mich: Er steht von Anfang bis Ende im Orchestergraben und ist für 80 Leute verantwortlich. Ich habe nur ein paar Auftritte und muss mich nur um meine Stimme kümmern.

Donizetti hat „La Favorite“ für Paris komponiert. Ist es eine italienische oder eine französische Oper?

Die Münchner Aufführung wird französisch gesungen. Das gibt der Musik eine gewisse Leichtigkeit. Die Begleitung des Orchesters ist wie in einer italienischen Oper. Es ist nicht leicht, dieses Werk auf einen bestimmten Stil festzulegen. Es ist ein später Donizetti, der sich vom typischen Belcanto entfernt. Wenn er die Oper für Italien geschrieben hätte, wäre manches etwas kürzer.

Warum ist die Hauptrolle eine Partie für Mezzosopran?

Keine Ahnung. Vielleicht, weil Rosine Stoltz, die Sängerin der Uraufführung, die Geliebte des Intendanten war? Mich freut es jedenfalls, nicht nur die Nummer zwei zu sein. Andererseits: Mezzo-Figuren wie die Amneris in „Aida“ sind oft interessanter – wie alle schwierigen Charaktere.

Wovon handelt die Oper?

Die Geschichte ist kompliziert. Léonor de Guzman ist die Mätresse des Königs Alfons XI. von Kastilien. Im Zentrum der Oper steht ein Dreieckskonflikt, der hoffnungslos endet.

Haben Sie die Rolle schon einmal gesungen?

Vor einem Jahr konzertant in Salzburg, szenisch noch nie. Sie ist nicht ganz einfach, weil sie einen Stimmumfang von zwei Oktaven erfordert.

In den Opern des 19. Jahrhunderts gibt es viele Leonoren. Haben Sie noch eine andere im Repertoire?

Es sind alles Sopranpartien. In Konzerten singe ich manchmals das „Pace, pace“ der Leonora aus Giuseppe Verdis „La forza del destino“.

Wie wird die Aufführung aussehen?

Amélie Niermeyers Inszenierung spielt im Hier und Heute, zwischen beweglichen Metalltürmen. Das hat ein starkes Potential.

Aus Ihrer Heimat Lettland kommen derzeit sehr viele Musiker. Warum ist das so?

Lettland hat eine große Chortradition. Das große Liedfest, das erstmals 1873 stattfand, ist ein Teil unserer nationalen Identität. Wir haben sehr viele Volkslieder, jeder Lette singt beim Johannisfest oder an Weihnachten. Der Dirigent Andris Nelsons, die Geigerin Baiba Skride oder die Organistin Iveta Apkalna gehören zur Generation, die zur Zeit der Unabhängigkeit noch in die Schule ging. Die Eltern hatten keine Zeit für uns und wir mussten etwas machen. Da haben sich viele für Musik entschieden. Das sowjetische Schulsystem lieferte da eine gute Grundlage.

Sie sprechen fließend Deutsch. Wie haben Sie es gelernt?

Ich hatte mein erstes Engagement in Meiningen. Englisch wollten sie da nicht sprechen, daher musste ich deutsch lernen. Das härtet ab. Ich war damals zum ersten Mal von zu Hause weg. Von meinem ersten Gehalt habe ich mir mein erstes Parfüm gekauft.

Hat die Zeit in Meiningen Sie geprägt?

Kirill Petrenko war Generalmusikdirektor, unter ihm habe ich meinen ersten „Rosenkavalier“ gesungen. Ich konnte viel ausprobieren – von der Sonjetka in „Lady Macbeth von Mzsenk“ über die Dritte Dame in der „Zauberflöte“ bis zum Oktavian. Danach ging ich über Frankfurt nach Wien.

Wo leben Sie heute?

Mit einem Fuß in Riga, wo mein Vater lebt, und dem anderen in Südspanien, wo die Mutter meines Mannes lebt.

Was kommt nach München?

Ich bin jetzt 40 und habe noch zehn, 15 Jahre Karriere vor mir. Die Santuzza in „Cavalleria rusticana“ an der Pariser Bastille-Oper ist mein erster Schritt ins dramatische Fach. Die Arien und Duette habe ich oft in Konzerten gesungen, jetzt muss ich das alles zusammenbringen. Dann kommt die Eboli in Verdis „Don Carlos“.

Werden Sie dem Belcanto untreu?

Auf keinen Fall. Sängerinnen aus der bulgarisch-russischen Schule haben die dramatischen Mezzo-Rollen mit Brust-Tönen vulgarisiert und vergröbert. Verdi schreibt sehr oft Piano und Pianissimo. Die Eboli ist eine noble Frau: Das muss man auch hören. Wer den Belcanto nicht kultiviert, dessen Stimme geht leicht kaputt.

Premiere am Sonntag, den 23. Oktober, 19 Uhr, ausverkauft. Übertragung live auf BR Klassik, Livestream am 8. Oktober ab 18 Uhr


Ränkespiele über Macht und Liebe

Kein Geringerer als Richard Wagner bearbeitete in seiner Pariser Zeit die Oper „La Favorite“ für Klavier. Das 1840 uraufgeführte Werk war im 19. Jahrhundert sehr erfolgreich und wurde an der Pariser Oper bis 1904 rund 650-mal gezeigt.
Die Tenor-Arie „Spirto gentil“ ist bis heute öfter in Solo-Recitals zu hören. Der Text zu der Oper stammt von Alphonse Royer, Eugène Scribe und Gustave Vaëz.

Die Entstehungsgeschichte ist verwirrend: Donizetti begann die Oper im Herbst 1839 unter dem Titel „L’ange de Nisida“ für das Théâtre de la Renaissance. Dieses Projekt scheiterte, und einen Großteil seiner Kompositionen verwandte er für die nun im Stil der Grand opéra konzipierte „La Favorite.“

Im Zentrum steht die historische Figur der Léonor de Guzman, Mätresse des Königs Alfons XI. von Kastilien, die im Ränkespiel um Macht zerrieben wird. Es ist ein kompromisslos pessimistischer Stoff. Denn die Liebe Léonors zum König entpuppt sich als Farce.

Sie zögert nicht lange, um sich für Fernand zu entscheiden, der ihretwegen dem Klosterleben in Santiago de Compostela entflohen ist. Doch er weiß nicht um ihre Identität als Mätresse, so dass er und sie nur allzu leicht Opfer im intriganten Machtkampf zwischen Kirche und Staat werden. Am Ende bleibt den beiden nicht einmal mehr die Hoffnung auf eine gemeinsame bessere Zukunft nach dem Tod.    

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