Eine Leben aus lauter Stornierungen
Josef Brustmann ist mit dem Deutschen Kabarettpreis ausgezeichnet worden und seit Jahr und Tag mit verschiedenen Programmen auf Tour – gewesen, muss man Corona-bedingt sagen. Die Auftrittstermine bis 2022 hat er auf seiner Homepage einfach mal so stehen lassen. Ein Gespräch mit ihm und seiner Frau Olivia Reinecke, die auch seine Agentin ist.
AZ: Frau Reinecke, mit Ihrer Agentur Zweigold betreuen Sie ein Dutzend Kleinkünstler, von Andreas Giebel über Liesl Weapon bis Bumillo. Wie geht es den Damen und Herren?
OLIVIA REINECKE: Seit zwei Wochen flattert eine Absage nach der anderen rein. Es gab Veranstalter, die eine Ausfallgage zahlen. Das waren meist die Bürgerhäuser, die finanziell von der Stadt oder der Gemeinde unterstützt werden. Wobei wir vor allem verlegt haben, zum Teil in den Mai, was nun nochmal verlegt werden muss, den Großteil aber in den Herbst. Aber all die Sommerfeste, Galas und Firmenfeiern, die anstanden, sind halt einfach weg. Was uns auch schmerzlich getroffen hat, waren die Absagen von Künstlermessen und Künstlerbörsen wie die in Thun in der Schweiz. Dort waren vier unserer Künstler zugelassen, und das hätte uns sicher wieder ein großes Spektrum eröffnet.
Klingt nach herben Einbußen.
Man hat sich jetzt an die Absagen gewöhnt, aber es ist schon krass.
Wie gehen Ihre Künstler mit der Situation um?
Es ist mit Martin Frank nur einer dabei, der die ganz großen Säle füllt. Die, die nicht ganz so groß sind, trifft das natürlich finanziell sehr kräftig. Manche haben Rücklagen oder könnten Rücklagen haben. Wir haben aber auch mehrere Künstler, die jetzt erst anfangen. Eva Karl-Faltermeier zum Beispiel hat gerade ihren Job gekündigt, um voll ins Kabarett einzusteigen. Das ist schon heftig, selbst für Leute wie den Josef. Und wir Agenturen sehen einfach monatelang keinen Cent. Jetzt schicken mir auch schon Leute den Vertrag für Februar 2021 nicht zurück, und das macht einem dann plötzlich Angst. Da kommt man schon ins Grübeln. Man ist halt total machtlos.
Nichts, was Sie tun könnten?
Wir warten jetzt einfach und halten die Ersatztermine frei. Wobei es bei Martin Frank gar keine Ersatztermine mehr gab, weil der so viel spielt. Aber der ist finanziell auch nicht so getroffen. Uns als dreiköpfige Agentur im Aufbau trifft es da schon heftig. Ich will nicht lamentieren, aber es ist schon schwierig.
Wie ergeht es da einem gestandenen Kabarettisten wie Ihnen, Herr Brustmann?
JOSEF BRUSTMANN: Am vergangenen Freitag hatte ich noch einen Auftritt in Tuttlingen. Der Stadtrat konnte sich lange nicht entscheiden abzusagen. Ich bin dann losgefahren, habe mich zwischendrin mal in Memmingen ins Cafe gesetzt und auf Nachricht aus Tuttlingen gewartet, bin weiter bis zum Bodensee, wo mich dann die Absage ereilt hat. Vier Stunden unterwegs für nix und wieder nix. Das ist gerade alles ein bisschen Wild West. Aber man hat halt auch Zeit, ein bisschen zu schreiben, sich vorzubereiten – und auch ruhig zu werden. Teilweise kann ich das auch genießen.
Wie lange kann man so eine Zwangspause samt Verdienstausfall genießen?
Ich habe ein bisschen Reserve. Für viele, die das nicht haben, ist es beinhart. Ich habe mich schon im Bayerischen Wirtschaftsministerium wegen Ausfall-Erstattungen erkundigt: Das geht alles über die KfW, da kann man unter Umständen Kredite aufnehmen. Aber wenn du nichts zu spielen hast, kannst du die Kredite auch nicht wieder abbezahlen. Bis jetzt geht es noch, aber es ist halt die Frage, wie lange das ganze Kulturleben außer Kraft gesetzt ist. Das ist schon extravagant.
Wie manch andere Kollegen sind Sie nicht im Fernsehen, nicht im Radio, sondern ein reines Bühnentier. Und wahrscheinlich auch nicht jemand, der Texte oder Lieder ins Internet hochlädt?
Ich bin gerade dabei, einen Beitrag für Facebook zu schreiben. Und ich hatte das Glück, beim Aschermittwoch der Kabarettisten in Berlin gewesen zu sein, mit Georg Schramm und Arnulf Rating. Das wurde von Bayern 2 Radiospitzen aufgezeichnet und in zwei Tranchen gesendet. Vor zwei Wochen haben wir in Landshut noch Brustmann & Band für die Radiospitzen aufgenommen, das heißt ich war jetzt viel auf Bayern 2 präsent. Außerdem schreibe ich gerade an einem Roman. Videos ins Netz stelle ich nicht, weil es auch einfach mal gut ist, sich ein bisschen herauszunehmen. Ich nutze das auch, um mal still zu sein. Mir tut das ganz gut. Wenn man viel unterwegs ist, merkt man gar nicht mehr, wie getrieben man immer ist. Von daher fällt es mir nicht auf die Seele, sondern nur auf den Geldbeutel.
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