Dieses saftige Kirschrot! Anna Netrebko in Puccinis „Manon Lescaut“

Niemand vermisst die Bühne: Giacomo Puccinis „Manon Lescaut“ mit Anna Netrebko und Yusif Eyvazov konzertant im Großen Festspielhaus
Michael Bastian Weiß |
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Anna Netrebko und Yusif Eyvazov in „Manon Lescaut“.
Salzburger Festspiele/Borelli 2 Anna Netrebko und Yusif Eyvazov in „Manon Lescaut“.
Anna Netrebko und Yusif Eyvazov in „Manon Lescaut“.
Salzburger Festspiele/Borelli 2 Anna Netrebko und Yusif Eyvazov in „Manon Lescaut“.
Niemand vermisst die Bühne: Giacomo Puccinis „Manon Lescaut“ mit Anna Netrebko und Yusif Eyvazov konzertant im Großen Festspielhaus
 

SALZBURG - Dieses dunkle, saftige Kirschrot der Stimme! Anna Netrebkos Sopran ist in den letzten Jahren nur noch herrlicher geworden, die Tiefe kann seidig schimmern oder kraftvoll glühen, die Mitte im leichten Konversationston schweben. Die Höhe aber schwingt sich so hinreißend, so elektrisierend, so idealistisch auf, als ob Frau Netrebko die ganze Welt mit in den Himmel reißen wollte.

18 Jahre ist Manon gerade alt, als der ebenfalls junge Des Grieux sich im ersten Akt von Giacomo Puccinis Oper „Manon Lescaut“ Hals über Kopf in sie verliebt. Nun ist Anna Netrebko für ihre jugendliche Erscheinung berühmt, doch ihr so unendlich reicher Gesang lässt sie bei ihrem ersten Auftritt sicher nicht mehr als angehende Klosternovizin durchgehen. In der Oper freilich gelten eigene Gesetze. Diese Manon, die da in Amiens aus der Kutsche steigt, ist kein Backfisch mehr, sondern das, was man im Englischen eine „alte Seele“ nennt: Schon, als sie sich Des Grieux vorstellt, schwingt in ihrer Stimme schon eine melancholische Vorahnung ihres Schicksals mit.

Damit erweist sich Frau Netrebko, die wohl in jeder Partie glänzen würde, gerade für die Manon als besonders passende Besetzung. Kann sie doch allein durch die Identität ihres Gesangs die großen zeitlichen Sprünge kitten, die zwischen den vier Akten liegen. Sie kommt im zweiten Akt zu sich, wo sie als Luxus-Konkubine die schönen Dinge genießt, doch durch ihr aufgesetztes Lächeln schon die Falschheit dieses Lebens offenbart. Erst im traurigen zweiten Teil erfüllt sich in ihrem Gesang ihr Schicksal, in der Scham über die Verurteilung als Verbrecherin und im Verlöschen in der amerikanischen Wüste erreicht sie geradezu existenzielle Tiefe.

Großer Auftritt für das Münchner Rundfunkorchester

Damit vollzieht Frau Netrebko eine subtile Wandlung ihrer Figur, im Gegensatz zum Des Grieux Yusif Eyvazovs, der von Anfang an, wo es noch um elegante Ironie ginge, allzu dramatisch auftritt und besonders in der Mitte im Ansatz zur Unschärfe neigt, während die Höhe nicht ohne merkliche Anstrengung auskommt. Weitaus kontrollierter, auch belcantistischer, intoniert Benjamin Bernheim den Edmondo, der nachtschwarze Bariton Armando Pinas verleiht dem Lescaut eine zynische Dämonie, Carlos Chausson hingegen gibt einen Geronte, dem man anhört, dass er durchaus noch das Zeug zum Verführer hat.

Zu einem echten Hauptdarsteller schließlich wird das Münchner Rundfunkorchester, das im Großen Festspielhaus Salzburg seiner bayerischen Heimat alle Ehre macht. Es ist in dieser konzertanten Aufführung gebührend exponiert. Marco Armiliato beweist wieder einmal sein Gespür für den leichten Konversationston: Die ersten Akte werden geschmeidig zusammengefasst, die letzten heben sich dagegen in ihrer weitaus größeren Intensität sehr deutlich ab und machen somit bei allen dramaturgischen Brüchen die bewusste formale Anlage der Komposition erfahrbar. Auch der brillante Wiener Staatsopernchor ist in die großen Tableaus punktgenau integriert. Hier werden die musikalischen Vorzüge einer konzertanten Aufführung voll ausgeschöpft.

Michael Bastian Weiß

Auch am 4. und 7. August im Großen Festspielhaus

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