"Die Zirkusprinzessin" von Emmerich Kálmán im Circus Krone

Einfach famos: Die "Zirkusprinzessin", inszeniert von Josef E. Köpplinger im Circus Krone
von  Robert Braunmüller

Er geigt in der Zirkuskuppel hoch über den Köpfen der Menge eine Romanze. Dann springt Mister X in eine Gleitbahn, und von der Gewalt des Sprunges hinausgeschleudert, sitzt er eine Sekunde später auf dem Rücken seines galoppierenden Pferdes.

Dieses Spektakel bleibt auch in Josef E. Köpplingers Inszenierung der „Zirkusprinzessin“ von Emmerich Kálmán nur erzählte Wortkulisse. Dafür bietet der Hausherr des Gärtnerplatztheaters außer Menschen, Sensationen und einem Schoßhund im Circus Krone etwas anders auf, was seit Äonen nicht gesehen wurde: eine intelligente Operetteninszenierung, die auch ein erwachsener Akademiker mit seiner Mutter besuchen kann, ohne jemals fremdschämend zu erbleichen.

Natürlich hat Köpplinger den Text von Alfred Grünbaum und Josef Brammer aus dem Jahr 1926 ziemlich aufgefrischt. Aber so, dass es keiner merkt.: Die Inszenierung zielt auf das allgemein Menschliche und das Herzensleben der Figuren. Sie konzentriert sich auf die Spielarten von Liebe, Stolz und Eifersucht, die an vier Paaren exemplarisch vorgeführt werden, ohne je die unterhaltende Sphäre zu verlassen.

Da ist zuerst einmal das hohe Paar dieser Geschichte, die verdächtig an die „Lustige Witwe“ erinnert. Der in melancholisches Zorro-Schwarz gekleidete Daniel Prohaska betört als Mister X mit Glanz, Herz und Schmelz die hochmütige Fürstin Fedora, die von Alexandra Reinprecht als mondäne Operettendiva alter Schule verkörpert wird. Es sind zwei Sänger, die nicht etwa Kálmán singen, weil es für Puccini nicht reicht, sondern weil sie die hohe Operettenkunst wirklich lieben.

Zum Abbusseln ist das wienerische Buffo-Paar Nadine Zeintl (Mabel Gibson) und Otto Jaus (Toni). Die beiden singen, tanzen und streiten sich auf Wienerisch, dass es eine Herzenlust ist. Und dann ist da noch das von Köpplinger psychologisch aufgewertete Zirkusdirektoren-Paar, das von der unverwüstlichen Gisela Ehrensperger und dem rührenden Franz Wyzner beseelt wird.

Diese Inszenierung setzt den Obers auf den Kaffee

Zu Beginn lassen Clowns einen Herz-Luftballon als szenisches Leitmotiv aus einer Kiste steigen. Die Artisten begleiten als Bewegungschor das Liebesleben der Figuren, das durch eine kaum nacherzählbare, aber stets verständliche Intrige des Prinzen Sergius ver- und entwirrt wird. Erwin Windegger schärft diesen Russen zu einem Preußen, der ein wenig an Erich von Stroheim aus der Stummfilmzeit gemahnt.

Dass der Zeitsprung vom ersten zum zweiten Akt ein wenig unverständlich bleibt, und die Pause kaum glücklich gesetzt ist – geschenkt! Dafür schafft es Köpplinger, den musikarmen dritten Akt zu retten. Zu einer hübschen Balanciernummer zweier Artistinnen fahren das Prater-Riesenrad, der Stephansdom und die Gloriette in die Manege. Dann brilliert das vierte Paar: Robert Meyer, der Direktor der Wiener Volksoper, erträgt als Oberkellner Pelikan die Schikanen der Hotelbesitzerin (Sigrid Hauser). Da verwandelt sich die Operette zuletzt in allerfeinstes Wiener Volkstheater.

Vollkommen wird das Glück durch den Dirigenten Karsten Januschke. Er dirigiert Kálmáns Musik mit einer charmanten Flexibilität, die so natürlich ist, dass man sie kaum bemerkt. Die im Circus unvermeidliche Verstärkung lässt das Orchester des Gärtnerplatztheaters ein wenig unterbelichtet.

Eigentlich müsste man jetzt noch den Chor, die vielen Chargen und Karl Alfred Schreiners tolle Choreografie loben. Aber machen wir’s kurz: Josef E. Köpplingers „Weißes Rößl“ und sein „Tschitti Tschitti Bäng Bäng“ waren schon famos, aber diese „Zirkusprinzessin“ setzt noch ein Häuberl Obers auf den Kaffee.

Circus Krone, bis 30. Juli und im September, Karten unter Telefon 2185 1960

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