Die Theaterakademie zeigt "L'arbore di Diana" von Vincente Martin y Solér

Studierende der Musikhochschule und der Theaterakademie zeigen die Oper eines Mozart-Zeitgenossen im Prinzregententheater
Adrian Prechtel |
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Studierende der Musikhochschule und der Theaterakademie zeigen die Oper eines Mozart-Zeitgenossen im Prinzregententheater

Das ist eine Provokation in durchsexualisierten Zeiten: öffentlich zur Schau getragene Keuschheit. Die wehrhafte Göttin Diana mit ihren Nymphen ist männerscheu. Und für wen ist es die größte Herausforderung? Den Gott des Eros: Amor!

Regisseur Balázs Kovalik hat sich für den Kampf um die Entjungferung passend das Teenie-Alter ausgewählt. Und zu dieser Zeit gehört die Comic-Welt. Und weil Diana Jagdgöttin ist, stammt die Inszenierungsästhetik aus den japanischen Mangas, mit ihren Amazonen-Mädchen in Schulmädchen-Reportuniform. Da aber die USA die Jugendkultur dominieren, steht der Apfelbaum der Diana als goldene kalifornische Palme Mickey-Mouse-gekrönt vor einem Zivilisationsmüllberg. Die testosteron-strotzenden Aufreißer, die den Nymphen und der Diana zu schaffen machen, sind cool ein Hipster-Schönling, Rap-Typ und Glamrocker, wie aus einer Foto-Lovestory der Bravo, aber dabei noch bravouröse Sänger.

Das alles ist wild, überzeugend und erinnert an die Zeit, als die Staatsoper noch David Alden inszenieren ließ. Und auch wenn der Komponist Vicente Martín y Soler ein Wiener Klassiker ist, so ist die mythische Liebeshändel-Welt doch im „L’arbore di Diana“ (1787) noch sehr barock.

Das Rundfunkorchester spielt frisch, nicht historisch. Und Dirigent Paolo Carignani ist im bühnennahen Orchestergraben des Prinzregenten-Theaters so nah am Geschehen, dass er einen wunderbare, einfühlsame Balance zwischen Musik und Gesang findet.

Liebestriumph: wild, geistreich, dynamisch, bunt, nie überladen

In der Uraufführung 1787 in Wien hatte den Sopran-Amor, der im Stück aus Verführungsgründen mehrmals die Geschlechterrolle durch Travestie wechselt, kein Kastrat, sondern eine Frau gesungen. Mit Robert Crow als Sopranus war jetzt eine Idealbesetzung gefunden, der in „männlicheren“ Szenen bruchlos auch mal die tieferen Register ziehen konnte.

Sein Gegenspieler ist die göttliche Diana, gesungen von der jungen, griechischen Koloratursopranistin Danae Kontora, die Spitzenton-sichere Königin des Abends. Wenn sie in Gefühlsnöte kommt, schwankt sie zwischen vom Liebespfeil getroffener Empfindsamkeit und Rache schwörender Wut. Und hier hat sich die Dramaturgie (Esteban Muñoz) sogar den Eingriff erlaubt, eine dramaturgisch „fehlende“ Arie aus einer anderen Soler-Oper für Diana zu ergänzen, nachdem sie, die Unberührbare, gefühlsverwirrt ist: „Warum ist es nicht erlaubt, sich zu ändern?“. Das passt, nicht nur, weil die Arie ein Jahr zuvor schon geschrieben war, sondern auch der gleiche Librettist textete: Lorenzo Da Ponte, ein uns vor allem von Mozart bekannter Wortmeister.

Wenn man nun die Musik Solers hört, merkt man, warum Mozart in der nicht immer gerechten musikalischen Erinnerung alles wegdonnerte: Die Solers ist noch einen Schritt Näher am Barock als der fast gleichaltrige, aber frechere, ungestümere Mozart. Und wenn Diana wutentbrannt in höchsten Tönen zürnt, ist sie eben doch noch keine Königin der Nacht.

Das Studenten-Ensemble der Bayerischen Theaterakademie ist in diesem dynamischen Liebestriumph alles, was diesen Abend mitreißend macht: gesangsstark, lustvoll spielend, charmant-witzig. Und die Inszenierung ist wild-bunt, mit hunderten Einfällen (wie Macarena-Choreografien, Selfie-Szenen), ohne jemals albern vergagt zu sein – und dann immer ruhig genug, wenn Musik und Gesang wirken sollen. Das ist wahre Regiekunst und ein geistreich-amüsantes, musikalisch perfektes Opernfeuerwerk.

Noch Di, 24.2., 19 Uhr und Freitag, 27.2. und Sonntag, 1.3., 19.30 Uhr, Prinzregententheater, Karten 10 – 38 Euro, Telefon 2185 1940

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