Die schwere Kunst der leichten Muse

Margit Bönisch: Heute wäre sie 74 Jahre geworden, aber am Mittwoch starb überraschend die Prinzipalin der Komödie im Bayerischen Hof
von  Matthias Hejny
Seit 1992 war Margit Bönisch Direktorin der Komödie im Bayerischen Hof.
Seit 1992 war Margit Bönisch Direktorin der Komödie im Bayerischen Hof. © dpa

Der bestens gelaunte Schlussapplaus nach der Premiere von „Glück - Le Bonheur“ hätte ihr gefallen. Was in diesem Moment weder das Publikum noch das Ensemble auf der Bühne wusste: Margit Bönisch, die Direktorin der Komödie im Bayerischen Hof, war einige Stunden zuvor gestorben. Bühnenbildner Thomas Pekny trat nach der Aufführung an die Rampe und verkündete die Nachricht vom Tod der Prinzipalin. Auch in Berlin löste die Meldung aus München tiefe Bestürzung aus. Dort feierte Jochen Busse am Mittwochabend zu seinem 75. Geburtstag eine große Party, die ihm Margit Bönisch organisiert hatte.

„Das war wie eine Bühneninszenierung“, erzählte René Heinersdorff gestern der AZ. In ein Fest von Boulevardtheater-Welt und Fernsehshow-Szene platzte die Nachricht vom plötzlichen Tod einer der ihren. Heinersdorff war einst an der Kleinen Komödie am Max II ein direkter Konkurrent Bönischs auf dem Münchner Theatermarkt und leitet heute das Theater an der Kö in Düsseldorf. Beide Häuser arbeiten seit Jahren eng zusammen, und Heinersdorff äußert sich voller Bewunderung: „Die Spezies an Theaterdirektor, die sie verkörperte, gibt es kaum noch - einfach mit dem Theater verheiratet sein, von morgens bis abends für das Theater zu leben und das alles meist mit guter Laune“.
Als Kind sagte sie ihrem Onkel: „So ein Theater will ich mal haben!“

Nur wenn es nicht genug zu lachen gab, strafte sie das Publikum

Ihr Tod bedeute auch eine Gefahr: „München ist ein guter Standort für das Boulevardtheater. Ihn zu verlieren, wäre eine Katastrophe. Da würde ein Stück Großstadt verloren gehen.“ Wie es längerfristig weiter gehen wird, weiß auch Thomas Pekny noch nicht. Bönischs langjähriger Ausstattungschef hätte im nächsten Jahr an der Theaterleitung beteiligt werden sollen. Bis dahin sei das Haus gut bestellt und „alles ist vorbereitet“, erklärt Pekny. Boenisch war bestens vernetzt und jonglierte virtuos auch bei den Finanzen sowohl mit privatem Geld als auch Querfinanzierung durch den Tourneebetrieb. Der machte sie unabhängiger vom Erfolg im eigenen Haus, denn sie erhielt keinen einzigen Cent Subvention von Stadt oder Land - lediglich 2011 die Medaille „München leuchtet“ in Silber.

Ein Onkel hatte die gebürtige Sudetendeutsche schon frühzeitig mit dem Bühnenvirus infiziert. Als die kleine Margit zum ersten Mal den prächtigen Theatersaal im Bayerischen Hof betrat, erklärte sie dem Onkel: „So ein Theater will ich mal haben“. Die Kunst des Theaterbetriebs lernte sie in Berlin und Zürich. Nach dem sie August Everding einen Auftrag für eine Strindberg-Inszenierung verschafft hatte, revanchierte sich der schon damals einflussreiche Kulturmanager mit Angeboten für Intendantenjobs. Doch weder Regensburg noch Coburg lockten sie. Sie wollte nicht in die bayerische Provinz, sondern in den Bayerischen Hof.

1992 übernahm sie die Komödie, veranlasste eine Totalrenovierung und startete mit Goldonis „Diener zweier Herren“. Seither geben sich die Stars am Promenadeplatz die Klinke in die Hand. TV-Promis genießen es, endlich wieder einmal abendfüllend vor ein Publikum zu treten. Das Publikum wiederum wusste es immer zu schätzen, Ihre Lieblinge vom Bildschirm einmal live und beinahe zum Anfassen erleben zu können. Sollte es aber dabei nicht genug zu lachen geben, strafen die Zuschauer sofort und viele der 570 Sitzplätze bleiben leer.

So machte Margit Bönisch die Komödie im Bayerischen Hof zu einem Tempel der fälschlicherweise als für „leicht“ befundenen Muse und einem Haus für intelligente Unterhaltung. Am heutigen Freitag wäre ihr 74. Geburtstag gewesen.

 

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