"Die rote Republik"

Die Theaterakademie beschäftigt sich in „Die rote Republik“ mit der Revolution in Bayern
von  Mathias Hejny
Lisa Schwarzer und Hardy Punzel proben in Christine Umpfenbachs Inszenierung „Die rote Republik“ den Aufstand.
Lisa Schwarzer und Hardy Punzel proben in Christine Umpfenbachs Inszenierung „Die rote Republik“ den Aufstand. © Jean-Marc Turmes

Zu den ironischen Haken, die Geschichte manchmal schlagen kann, gehört, dass die Gene des Freistaats Bayern nicht in erster Linie vom Kini geprägt sind, sondern vor allem vom Klassenkampf. Die knapp sechs Monate zwischen der Ausrufung des Freistaats durch Kurt Eisner am 8. November 1918 und der blutigen Niederschlagung der nur vier Wochen währenden Räterepublik am 2. Mai 1919 waren eines jener Zeitfenster, in denen die Historie sich auch ganz anders hätte entwickeln können.

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Damals schwärmte die arbeiterbewegte Hilde Kramer vom liberalen Bayern, in dem sie nicht heiraten müsse und die „freie Liebe“ möglich sei. Das ist im Hinblick auf die real existierende Vergangenheit des Freistaats ein Lacher im Publikum eines Theaterprojekts, das Christine Umpfenbach mit Studierenden der Theaterakademie August Everding realisierte.

Wie hätten wir uns damals verhalten?

„Die rote Republik“ stellt Situationen der Entwicklung auf den Straßen und in den Bierkellern Münchens in der ersten Zeit nach Ende des Ersten Weltkriegs sowie der Abdankung von König Ludwig III. nach und einige zentrale Persönlichkeiten des revolutionären Treibens vor.

Zu diesen gehörten neben Eisner auch die Schriftsteller Erich Mühsam und Ernst Toller. Letzterer ist für das Drama besonders dankbar, denn als „radikaler Gesinnungsethiker“, wie ihn sein Uni-Professor Max Weber bezeichnete, lebte er mit der Übernahme der Führung der Roten Armee in Dachau den Konflikt zwischen Pazifismus und Kampf. Wer vom achtköpfigen Ensemble dessen charakteristische Schiebermütze trägt, spielt Toller. Gleichzeitig spielen die Studierenden auch mehr oder weniger sich selbst, angenagt von der Frage: Wie hätten wir uns damals verhalten?

Man erinnert an Aufstände der jüngeren Zeit wie in der Ukraine, bewundert die 16-jährige Klimaschutzkämpferin Greta Thunberg und einer der jungen Akteure erinnert sich an seine ungebeugt kommunistische Großmutter. Dem Bekenntnis „Revolution ist geil“ steht die aufrührerische Praxis entgegen, in der „wir ins Rathaus gehen und für die Bienen unterschreiben“. Solche Zerknirschtheiten, so ist in Umpfenbachs nicht tief gründelndem, aber recht munter geratenen Dokumentations- und Diskurstheater zu lernen, ist durchaus auch den Helden der Revolution nicht fremd. Das verhindert, die Protagonisten zu Denkmälern zu machen – die einzigen Bühnenbildelemente sind mobile Sockeln unterschiedlicher Größe, die oft unbemannt bleiben.

Akademietheater im Prinzregententheater wieder heute, morgen, 9. bis 11. April, 19.30 Uhr, Telefon 21851970
 

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