Die Revolution in den Köpfen geht weiter
Was den Menschen im Innersten zusammenhält, das hat Georg Büchner zeitlebens interessiert, auch im medizinischen Sinne. 1831 bis 1833 studierte er etwa vergleichende Anatomie in Straßburg. Für eine performative Auseinandersetzung mit Büchners Revolutions-Drama „Dantons Tod“ ist der Große Hörsaal der Anatomischen Anstalt der LMU daher schon mal ein sinniger, schöner Ort. Die Sitzreihen winden sich steil nach oben, unten im erleuchteten Kreis soll in szenischen Lesungen und Diskussionen der Sprachkörper von Büchners Drama seziert und befragt werden.
Die Künstlerin Isabelle Krötsch und Kammerspiele-Schauspieler Hans Kremer, die zusammen das Atelier Kremer I Krötsch bilden, haben für ihr Projekt „DantonDenkRaum“ eine illustre Gruppe von Schauspielern, Künstlern und Wissenschaftlern zusammengetrommelt, mit denen sie, der Titel sagt’s, Denkräume öffnen wollen, auch gemeinsam mit den Zuhörern.
Bei der ersten von sechs Lecture Performances funktioniert das aber leider nicht, weil es bei aller willkommenen formalen Offenheit des Experiments dann doch sehr an Struktur fehlt. Es wird mal gelesen, mal geredet, nebenbei gezeichnet und mit Schatten gespielt und musiziert.
Steht man schon vor Büchners Drama erstmal da wie die Kuh, wenn’s blitzt und donnert, so machte einen Physiker Hans-Peter Dürr, ein wunderbar verquerer Denker, mit seinen freien Assoziationen im Chaos der Performance-Teile noch mehr staunen. Dabei war der Abend thematisch gut konzentriert: Es ging um den Ursprung, die Frage nach der Schöpfung, die bei Büchner erörtert wird. Aber man wünscht sich eine Erhellung des komplexen Textes, vielleicht sogar auf Satzebene, von der ausgehend klare Gedanken ins revolutionäre Heute gesponnen werden.
Man darf vermuten und hoffen, dass strukturell nachjustiert wird; interessant ist das Projekt allemal. Am heutigen Samstag dreht sich alles um „Danton, Büchner und das Kunstgespräch“, eingeladen ist Theaterwissenschaftler Christopher Balme (mehr unter www. facebook.com/Danton.Denk.Raum).
Anatomische Anstalt, Pettenkoferstr. 11, Sa, sowie 20. bis 22.9., 19.30 Uhr, 20 Euro, ermäßigt 12 Euro, Telefon 01512 / 4032973