Die Performance "Isolde" von Mathis Nitschke

Mathis Nitschke bespielt mit „Isolde“ die Theatinerstraße
von  Robert Braunmüller
"Isolde" in der Theatinerstraße.
"Isolde" in der Theatinerstraße. © Mathis Nitschke

Das oft und gern missbrauchte Wort „Performance“ stellt das Unwiederholbare und Flüchtige aller Formen von Theater in den Mittelpunkt. Es mag zwar eine Vorlage in Form eines Textes oder von Noten geben, entscheidend aber ist das eigentliche szenische Ereignis und das Unberechenbare. Das wird bewusst gesucht – und nicht, wie im klassischen Musik- und Sprechtheater – hinter Kunstfertigkeit verborgen.

Die gut 20-minütige Aufführung „Isolde“ des Komponisten und Sound-Designers Mathis Nitschke nennt sich zwar „Operninstallation im öffentlichen Raum“. Aber keiner der Beteiligten dürfte sauer sein, wenn hier von einer Performance gesprochen wird.
Die Zuschauer sitzen im Kassenraum der Hypo-Kunsthalle. Sie schauen hinaus auf die Theatinerstraße in der Jahreszeit herabgesetzter Preise und werden selbst, wie im Zoo, von Touristen aus dem Nahen und Fernen Osten begafft. Mit Einkaufstüten exklusiver Modeläden schwer bepackte Damen eilen vorbei. Hunde kläffen sich an, und zu alledem spielt ein Straßenmusiker (Klaus-Peter Werani vom Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks) auf der Bratsche, als gelte es sein Leben.

Beim nächsten Mal wird alles anders

Dann erscheint eine Obdachlose (Martina Koppelstetter). Sie breitet, von den Passanten anfangs unbeachtet, ihren Krempel auf dem Boden aus und strickt. Fetzen aus dem Text und der Musik von Wagners „Tristan und Isolde“ klingen herein: Nitschke und sein Textautor Thomas Jonigk wollen offenkundig auf Einsamkeit und Entfremdung hinaus.

Das ist gewiss kein ganz neues, aber ein stets gegenwärtiges Thema. Dann interessiert sich eine ältere Dame für die Obdachlose. Und zwar in einer Weise, die sicher nicht von den Machern beabsichtigt war. Sie geht erst weiter, kehrt wieder zurück und lässt nicht von der Darstellerin ab. Zur Erlösungsmusik des Liebestods verschwinden beide aus dem Sichtfeld der Zuschauer in der Kunsthalle.

Ein Happy End? Vielleicht. Womöglich wollten Nitschke & Co. eher auf eine zarte Beziehung zwischen dem Straßenmusiker und der Obdachlosen hinaus. In der ersten Aufführung hat das nicht geklappt, und es ist durch die unerwartete Mitwirkung der Dame etwas anderes entstanden, das genauso für sich stehen kann.

Beim nächsten Mal passiert wieder etwas Neues. Oder auch gar nichts. Wer ganz zwanglos die Furcht vor dem Begriff und der Form der Performance verlieren will, sollte sich „Isolde“ aussetzen: Denn die halbe Stunde kostet nicht einmal Eintritt.    

bis 12. Juli 2019, täglich 18 und 19 Uhr, Eingang der Kunsthalle Theatinerstraße 8. Der Eintritt ist frei, solange Plätze verfügbar sind, für 10 Euro ist auch eine Reservierung unter mathis-nitschke.com möglich

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