"Die Päpstin" im Deutschen Theater: Ewiges Rom

Das Musical "Die Päpstin" nach dem Bestseller von Donna Cross.
Mathias Hejny |
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Misha Kovar als Päpstin Johanna im Deutschen Theater.
Misha Kovar als Päpstin Johanna im Deutschen Theater. © Michael Böhmländer

Der Tod ist immer und überall. Ob in Ingelheim am Rhein, in Fulda unweit der Rhön oder im als Weltreich-Metropole längst untergegangenen Rom sind in Benjamin Sahlers Inszenierung immer zwei schwarze Vögel (Julia Sophie Ladner, Karin Paulsburg) unterwegs, die oft aus großer Höhe und atemberaubend akrobatisch an Vertikaltüchern einfliegen. Die Botschaft, die zum Finale verkündet wird, ist allerdings keine Erinnerung an die Vergänglichkeit, sondern ein Appell für mehr Menschlichkeit im Umgang miteinander.

Zu dieser Botschaft gehört auch die Mahnung, dass Intoleranz, Querköpfigkeit und reine Machtgier zeitlos sind, denn die Story von "Die Päpstin" spielt im fernen neunten Jahrhundert, das in dem gleichnamigen Bestseller, den Donna W. Cross 1996 herausbrachte, in einem ganz besonders finsteren Mittelalter liegt.

Johanna wird zum Medicus

Die kleine Johanna hat sich heimlich lesen und schreiben beigebracht. Wenn Frauen das können, ist das Teufelszeug, erklärt ihr Vater erzürnt, denn Eva sei es schließlich gewesen, die sich zur Sünde verführen ließ. Ein reisender griechischer Gelehrter entdeckt das ungewöhnlich talentierte Mädchen und bringt sie in einer geistlichen Schule unter.

Die erzwungene Heirat mit einem Hufschmied endet mit einem Massaker, das Normannen auf Beutezug anrichten. Johanna entkommt, schneidet sich die Haare ab und flieht im Mönchshabit des ermordeten Bruders nach Rom. Dort wird sie zum Bruder Johannes dank ihrer Kenntnisse der verloren gegangenen antiken griechischen Heilkunst ein anerkannter Medicus und nach dem Attentat auf den Papst dessen Nachfolger als Johannes Anglicus.

Sie wird ein beliebter Pontifex, kämpft um Bildung auch für Frauen und gilt als ein "Volkstribun im Papstgewand". Aber ihre heimliche Liebesbeziehung zum fränkischen Markgrafen Gerold (Parick Stanke) führt zu einer Schwangerschaft, die Johanna in einer dramatischen Szene auffliegen lässt. Sie stirbt bei einer Frühgeburt während einer Prozession auf der Straße.

"Die Päpstin" sei schließlich nicht "Der König der Löwen"

Viel Stoff für ein Musical, und Donna W. Cross lässt in einem Vorwort zum Programmheft durchblicken, dass sie der Idee, ihren Roman als Musical zu adaptieren, "skeptisch" gegenüber stand. "Die Päpstin" sei schließlich nicht "Der König der Löwen" oder "Mamma mia". Seit der Uraufführung 2011 ist das Werk aber mit großem Erfolg in der leichten Muse angekommen. Die Tourneefassung des Füssener Festspielhauses macht für fünf Tage im Deutschen Theater Station und das Publikum der Münchner Premiere zeigte sich hingerissen.
Was Komponist Dennis Martin und Librettist Christoph Jilo aus den knapp 600 Seiten Literatur für das Musiktheater destillierten, kann sich hören lassen. Es gibt richtige Ohrwürmer wie die Ensemblenummer "Ewiges Rom" oder der mit einem Hauch von Moulin Rouge inszenierte Auftritt von Marioza (Tamara Peters), die den führenden Klerus als "Cäsarin von Rom" mit jungen Damen versorgt.

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Einen starken Song hat auch Felix Martin als Prior Rabanus, der am Leben "Hinter hohen Klostermauern" zweifelt. Das eher minimalistische Bühnenbild von Andreas Arneth wirkt vor allem mit großzügig eingesetztem Kunstnebel und einem grandiosen Lichtdesign. Das sorgt für atmosphärestarke Stimmungen sowohl im dunklen deutschen Wald wie im edlen Lateranpalast. Eine große Schwachstelle der dreistündigen Show sind freilich die Dialoge. Weder die hölzernen Texte noch die hilflose Herumtheaterei überzeugen.

Aber wenn Misha Kovar als die tragische Titelheldin auf Identitätssuche in Männerkleidung singt, stimmt wieder alles. Songs wie "Das bin ich" sind intensive Momente wie auch der füllige Bariton von Kevin Tarte als ein sym- wie empathischer Aeskulapius. Und wie schon in der Bibel sind natürlich die Bösen die interessantesten Figuren: Arsenius (Chris Murray) und Anastasius (Christian Schöner) sind ein ebenso stimmstarkes wie intrigantes Vater-und-Sohn-Duo aus dem römischen Adel, das vergeblich über Leichen geht, um den Heiligen Stuhl zu kaufen.


Deutsches Theater, Freitag, 8. April, 19.30 Uhr, Samstag, 9. April, 15 und 19.30 Uhr, Sonntag 10. April, 14.30 und 19 Uhr, Karten unter Telefon 5234444

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