Die "Mandela Trilogy" kommt nach München

Warum soll ein Nationalheld nicht auch menschliche Seiten haben? Mit der Folk Opera "Mandela Trilogy" kommt ein sehr facettenreicher Kämpfer für die Rechte der Schwarzen ins Deutsche Theater
Christa Sigg |
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Warum soll ein Nationalheld nicht auch menschliche Seiten haben? Mit der Folk Opera "Mandela Trilogy" kommt ein sehr facettenreicher Kämpfer für die Rechte der Schwarzen ins Deutsche Theater

"Pathos ist gefährlich". Für einen kurzen Moment legt sich Michael Williams Stirn in Falten, "damit kommt man Nelson Mandela nicht bei", sagt er, "bei aller Verehrung". Und die hat nach dem Tod des südafrikanischen Freiheitskämpfers im Dezember fast schon die Qualität der Verklärung angenommen.

Natürlich könnte Williams auf den trotz Starbesetzung eher vergurkten Film einhacken, der im Januar in den Kinos anlief und dessen Macher viel zu viel wollten. Aber das käme dem höflich-charmanten Chef der Cape Town Opera nie in den Sinn. Er weiss selbst, dass Mandela ein schwieriger Brocken ist, und brauchte mehrere Anläufe, um vor fünf Jahren dann doch das Libretto zu einer Folk Opera zu schreiben. Das Stück kam 2010 - rechtzeitig zur Fussballweltmeisterschaft in Südafrika - auf die Bühne.

Heldenverehrung?

Was sich aber als Nachteil erwies. "Alle hatten nur noch das Turnier im Kopf", erzählt Williams, "dafür waren die Kritiker begeistert". Als das Fussballfieber dann überstanden war, ging er mit der Produktion auf Tour durchs Land. Und da sei der Funke dann sofort übergesprungen. Inzwischen auch in Europa, denn nach einer Station in Cardiff hat die "Mandela Trilogy" nun Deutschland-Premiere in München.

Ohne Heldenverehrung. Das sei doch langweilig, findet Williams. Vielmehr interessierte sich der Theatermaniac für die vielen Facetten des schon im Leben zur Legende gewordenen Politikers. Auch die problematischen und - ganz wichtig - seine Frauengeschichten. Nicht nur Winnie hat auf den 27 Jahre lang inhaftierten Anti-Apardheid-Kämpfer gewartet, und schliesslich sagte Mandela von sich selbst, er habe ein "unmoralisches Leben" gelebt.

"Doch das ändert ja nichts an der Grösse dieses Mannes", betont Williams. Wobei das Verhältnis zu Frauen in Mandelas Leben generell wichtiger gewesen sei als das zu Männern. Politik hin oder her. Von der starken Beziehung zur Mutter bis zu den Gefährtinnen, die ihn inspirierten, ihm Trost gaben, Ablenkung boten, Erholung, was auch immer. "Und das einzubeziehen, bringt das Leben dieses so mutigen Streiters für Freiheit und Gerechtigkeit in die richtige Balance", sagt Williams.

Großartige Sänger

Dass es drei Akte mit ganz unterschiedlicher Musik gibt, sei diesen Facetten geschuldet, aber auch den Phasen eines langen Lebens, in dem sich die Welt grundlegend verändert habe. Also war nicht nur ein Komponist am Werk. Peter Louis van Dijk taucht für den ersten Akt um Mandelas Jugendjahre, in die traditionelle Musik der Xhosas mit all ihren perkussiven Elementen.

Im zweiten Akt geht es um den kämpferischen jungen Rechtsanwalt in Johannesburg, der in dieser Zeit seine Liebe zum Jazz entdeckt - entsprechend kreierte Mike Campbell eine Kombination aus Musical-Sound, Afro und Jazz. Mandela wird zum Vorreiter der Freiheitsbewegung. 27 Jahre Haft, vor allem auf der Gefängnisinsel Robben Island, und die Freilassung bestimmen Akt Nummer drei, für den wiederum van Dijk die Musik schrieb und grosse moderne Oper zelebriert. Mit fulminanten Chorszenen.

Überhaupt die Sänger. Als Carmen Bayer, mit Werner Steer Intendantin am Deutschen Theater, die "Mandela Trilogy" zum ersten Mal sah, war sie völlig fasziniert von den Power-Stimmen der Cape Town Opera. "Mir wurde sofort klar, dass wir das mit einem richtig guten Orchester machen müssen", sagt sie. Jetzt sitzen die experimentierfreudigen Münchner Symphoniker mit im Boot, die sich gerne auf den Stilmix einlassen. Und wer weiss, vielleicht wird daraus ja eine längere Liaison. Die könnte beiden Seiten gut tun.

"Mandela Trilogy", 4. bis 15. Juni, Mi bis Sa und Mo 20, So 19 Uhr, Karten 24 bis 74 Euro plus Geb. unter Tel. 55 23 44 44

 

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