Die "Galathée" in der Pasinger Fabrik
Unter den Pasinger Produktionen der letzten Jahre dürfte diese "Schöne Galathée" eine der lehrreichsten sein. Nicht nur, weil Regisseur Marcus Everding auch als Verfasser der neuen Texte einen Hang zum schwer gymnasialen Humor hat. Die erste große Erkenntnis, die sich in seiner Neuinszenierung der komischen Oper von Franz von Suppè aufdrängt, lautet: Computergenerierte Sprachassistenten sind per se nicht lustig. Schon gar nicht, wenn das eh schon bestenfalls schmunzelerregende Späßchen zu Tode geritten wird, in dem man die aus einer griechischen Miniatursäule kommunizierende "Alexa" gnadenlos bildungshubernd Internettexte vorlesen lässt.
Alexa täuschend echt, aber hält auf
Zugegeben, Maria Magdalena Rabl als Stimme aus dem Off macht das hervorragend, weil täuschend echt. Auf der Bühne der Pasinger Wagenhalle aber wird Ganymed, der Angestellte des mythischen Bildhauers Pygmalion, von dem digitalen Kunstwesen in eine sich dahinschleppende Szene gezwungen. Selbst eine kompetente Sing-Schauspielerin wie Maria Helgath als Ganymed, die sonst mühelos die Aufmerksamkeit des Publikums hält, kann das nicht retten. Umso bedauerlicher, dass nicht viel mehr vom Wohlklang ihres natürlich fließenden Mezzosoprans zu hören ist.

Statt Textkürzungen wird noch mehr schwadroniert
Überhaupt wird viel zu viel gesprochen. Anstatt die schon im Original nicht fesselnden Texte einzukürzen, hat Everding sogar zwei neue, ausladend schwadronierende Figuren dazu erfunden: eine Verkörperung der Liebesgöttin Venus, die Magdalena Jura als schnippisches Girlie in roter Reizwäsche gibt (Kostüme und Bühne: Claudia Weinhart), und Lukian, angelehnt an den antiken Satiriker, der hier Herausgeber der Zeitung "Zeit für Zypern" ist.
Der junge Schauspieler Tamino Rötzer tut alles und noch mehr, um diesen als sensationslüsternen Kunstkritiker durchgehen zu lassen. Vor einer zweiten, prinzipiellen Erkenntnis kann aber auch er nicht bewahren: Der Typ "Rasender Reporter" ist lange verschieden.

Tempo an der falschen Stelle
Wenn das Stück schon auf der Handlungsebene einen Stillstand ansteuert, bleibt das komisches Potenzial ungenutzt. Sophie-Magdalena Reuter (in der Premierenbesetzung) als Galathée erfreut mit ihrem sinnlich-beweglichen Sopran und Talent fürs Kapriziöse. Als sie ihren Schöpfer Pygmalion (tenoral lyrisch: Luca Festner) damit ärgert, dass sie wieder zu Stein wird, könnte man das spannungsfördernd übertreibend als "Overly Long Gag" in die Länge ziehen: gnadenlos durchhalten, bis sich die Irritation in verstehendes Lachen auflöst. Doch ausgerechnet an dieser Stelle drückt Everding aufs Tempo.
Weil von der Bühne also wenige Impulse kommen, überrascht nicht, wenn sich ausnahmsweise auch im Pasinger Orchester, das Andreas Heinzmann gewohnt versiert leitet, Biedersinn ausbreitet. Das wäre insofern kein Problem, als Suppès Stück im Original nicht als Operette, sondern als komisch-mythologische Oper bezeichnet wird. Diese musikgeschichtliche Verbundenheit - dritte Erkenntnis - könnte deutlicher werden, wenn in der hier reduzierten Instrumentierung mehr auf romantischen Streicherklang Wert gelegt würde, vielleicht auch statt des anachronistischen Vibraphons wenigstes eine Klarinette besetzt wäre. Doch das ist nur ein kleiner Verbesserungsvorschlag für eine "Galathée", die in dieser Produktion inszenatorisch Statue bleibt.
bis Mitte August, 19.30 Uhr (teilweise 17 Uhr), Pasinger Fabrik, 18. bis 23. Juli: Innenhof der Blutenburg, 20 Uhr, Karten: muenchenticket.de
- Themen: