Diana Damrau in "Lucia di Lammermoor"

Diana Damrau und Charles Castronovo als unglückliches Liebespaar in Gaetano Donizettis Oper „Lucia di Lammermoor“ im Nationaltheater
von  Michael Bastian Weiß
Charles Castronovo und Diana Damrau in "Lucia di Lammermoor".
Charles Castronovo und Diana Damrau in "Lucia di Lammermoor". © Wilfried Hösl
Diana Damrau und Charles Castronovo als unglückliches Liebespaar in Gaetano Donizettis Oper „Lucia di Lammermoor“ im Nationaltheater
 
Rastlos schwebt sie über die Bühne, ihr hoher Sopran sprießt rasch auf und fällt dann wieder in sich zusammen, und den Ehevertrag, der ihr aufgezwungen wurde, zerreißt sie nicht nur, sondern steckt sich die Fitzelchen auch noch in den Mund: Diana Damrau hat sich, wie man sieht, in ihrer Verkörperung der wahnsinnig gewordenen Lucia nicht von der nobel zurückhaltenden, dabei puppenhaften Auffassung Edita Gruberovas anregen lassen. Damrau spielt diese Schlüsselszene aus Donizettis „Lucia di Lammermoor“ wie ein tief gekränktes Kind, hoch theatralisch, aber wenig unheimlich. Ihr hochvirtuoser Gesang, charakteristisch pastellen gefärbt, wirkt dabei um so unschuldiger, desto verhaltensauffälliger ihr Spiel wird.   
 
Die Primadonna ist in ein außerordentlich ausgewogenes Ensemble eingebunden. Besonders einen so attraktiven Belcanto-Tenor wie den Amerikaner Charles Castronovo hört man nicht alle Tage: Er bewältigt die anstrengende Höhe der Partie des Edgardo nicht nur, sondern elektrisiert mit dem Schwierigen, noch dazu in makelloser Phrasierung und einem zum Sterben schönen dunkelgolden Timbre. Mit Nicolas Testé, dem Ehemann der Damrau, kontrastiert ihm ein schwarzer, kantiger Bariton in der Rolle des Raimondo, während Ambrogio Maestri trotz baritonaler Stimmfülle fast zu lyrisch weich singt, um die Bösartigkeit des Enrico hörbar zu machen.  
 
Denkwürdig ist diese Festspielaufführung nicht zuletzt deshalb, weil es einen selten starken, in der Staatsoper gleichwohl unsichtbaren Hauptdarsteller gibt, und das ist das Bayerische Staatsorchester. Die fabelhafte Oksana Lyniv, ab kommender Spielzeit Chefdirigentin der Grazer Oper, schafft das Kunststück, Donizetti als geschickten Instrumentator zu präsentieren und gleichzeitig die kreativen Energien zwischen Bühne und Graben zu befeuern. Mit nie nachlassender Aufmerksamkeit gestaltet sie jede einzelne Linie, legt die Totale exakt an wie auf dem Reißbrett, ruft schmissige Tutti hervor, die doch nie lärmen. Vielleicht hat zuletzt Marcello Viotti das heikle Belcanto-Orchester so gekonnt balanciert wie Oksana Lyniv.
 
Die zweite Aufführung während der Opernfestspiele am 16. Juli ist bereits ausverkauft, die Produktion wird aber mit Antonino Fogliani am Pult am 9., 12. und 15. Dezember 2017 wieder aufgenommen
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