Deutsches Theater: Thomas Linsmayer bleibt an der Spitze

München - Wegen nicht erfolgter Auszahlungen von Zulagen an die Beschäftigten des Theaters verloren die langjährigen Geschäftsführer Carmen Bayer und Werner Steer zum 1. Februar ihre Leitungsfunktion als Führungsduo im Deutschen Theater. Thomas Linsmayer sprang als Interimslösung mit einem Sechs-Monats-Vertrag ein. Nun kann er langfristiger planen. Der Aufsichtsrat des Deutschen Theaters bestätigte Linsmayer am Mittwoch als Geschäftsführer für die kommenden fünf Jahre.
AZ: Herr Linsmayer, das Deutsche Theater kauft überwiegend auf dem nationalen und internationalen Markt von Produzenten Musicals ein. Worin besteht da eigentlich Ihr Gestaltungsspielraum?
THOMAS LINSMAYER: Wir sind als Deutsches Theater frei und niemandem programmatisch verpflichtet, außer der Stadt gegenüber. Daher kann ich durchaus Dinge anders machen, auch wenn wir als freies Theater, das seine Betriebskosten selbst einspielen muss, die Einnahmen aus den großen klassischen Shows und Musicals brauchen.
Was wäre denn etwas Unkonventionelleres?
Mir ist aufgefallen, wie wenig Kontakte das Deutsche Theater gepflegt oder aufgebaut hat. Es gibt viele große Landestheater, die besondere Musical- und Showproduktionen machen abseits der weltbekannten Stücke wie "Westside Story" oder wie jetzt gerade bei uns "Cats". Das Theater St. Gallen zum Beispiel macht das Musical "Wüstenblume" nach der Geschichte und dem Film des Models Waris Dirie, die als Nomadenkind in Somalia geboren wurde.
Aber solche Stücke finden schwerer ein Publikum.
So eine Show ist vielleicht kein Blockbuster, aber man kann das auch in ein Rahmenprogramm einbinden und neue Leute für unser Theater gewinnen. Und wenn man sich mit Landestheatern und deren Intendanten trifft, merkt man sofort, dass sie daran interessiert sind, ihre Produktionen auch am Deutschen Theater spielen zu können. Wenn man das rechtzeitig ausmacht, kann man sowas auch von vornherein so produzieren, dass etwas auch bei uns in München gespielt werden kann. Ich denke da auch international an Linz oder Brünn, wo zum Beispiel neue Musicals wie "Der Medicus" entstehen. Das alles zusammen würde mit Großproduzenten wie Stage Entertainment oder BB Production und deren Musicalklassikern eine gute Mischung ergeben.
Weltmusikreihe, Tanz und Neue Volksmusik im Silbersaal
Nachdem Ralph Siegel bei Ihren Vorgängern abgeblitzt ist, wollen Sie sein Musical "Zeppelin" aus Füssen ins Deutsche Theater holen.
Mir hat gefallen, dass da ein Musikstar seine ganze musikalische Kraft, sein Herzblut und viel Geld reingesteckt hat, weil er an das Projekt glaubt. Die Songs und die Musik haben mich auch berührt und mitgerissen. Ich habe auch den Mitproduzenten vom Festspielhaus Neuschwanstein, Benjamin Sahler, getroffen. Siegel und er sind sich sicher, dass die Produktion bis Herbst 2023 passend für das Deutsche Theater gemacht werden kann.
Ein Schmuckstück in Ihrem Hause ist auch der bisher sehr stiefmütterlich behandelte Silbersaal.
Da bin ich dabei, ihn wirklich zu beleben. Das Problem hierbei ist nur, dass er mit seiner beschränkten Größe kaum Geld einspielen kann. Aber hier wird es eine Weltmusikreihe geben, Tanz und die Neue Volksmusik einen schönen Rahmen finden. Und ich habe schon mit den Intendanten der Münchner Philharmoniker, Paul Müller, und der Staatsoper, Serge Dorny, gesprochen. Sie sind interessiert, Formate ihrer Akademien hier zu spielen. Und die Kulturinstitute aus Frankreich oder Italien haben in München keine eigenen Bühnen für ihre Projekte.
Steht die Politik hinter Ihrem Konzept?
Absolut, ich spüre, dass die Stadtpolitiker begeistert sind, dass sich am Deutschen Theater etwas tut. Gerade die Konzepte für den Silbersaal kommen gut an. Aber wir werden schauen müssen, wie die finanziert werden können. Da brauchen wir einen größeren finanziellen Spielraum. Ich werde auch versuchen, Sponsoren zu finden, was bisher nie versucht wurde. Und ich habe da schon jetzt ein gutes Echo. Dass man nach der Renovierung den Freundes- und Förderkreis des Deutschen Theaters aufgelöst hat, finde ich absurd. Ich glaube, dass man gerade mit neuen Formaten, Konzepten und Zuschauerkreisen noch ein großes Potenzial hat.
Haben andere Institutionen in der Stadt Angst, dass Sie in Konkurrenz zu denen treten?
Das habe ich nicht gespürt. Im Gegenteil. Zum Beispiel hat Till Hofmann vom Lustspielhaus Interesse gezeigt, große Shows auch bei uns zu machen.