Deutsches Theater: Aus Frankenstein wird ein witziges Rockgrusical

Auf Werktreue sollte der Freund des britischen Schauerromans nicht pochen. Was die junge Mary Shelley während einer verregneten Sommerfrische am Genfer See aufschrieb und 1818 als Roman veröffenlichte, hat ihr Landsmann Paul Stebbings für sein TNT-Theater in London vor einigen Jahren als eine Gothic Comedy arg zerzaust. Nun ist aus diesem Stück ein Musical geworden, dessen Tournee im Deutschen Theater gestartet wurde. Der Grusel-Ulk, der im Silbersaal parallel zum "Schuh des Manitu" auf der großen Bühne läuft, gibt sich dann auch gar nicht als Bühnenbearbeitung von Literatur aus.
Dieser "Frankenstein" will nur "inspiriert von Mary Shelleys Buch" sein, vor allem aber von Hollywood-Filmen, die sich um den Stoff ranken. Von den Bildern, die die US-Verfilmung mit Boris Karloff schon 1931 in die Köpfe pflanzte, nascht auch diese Inszenierung, aber auch von "Frankenstein Junior", in dem Mel Brooks 1974 das ganze Genre auf die Schippe nahm. Komponist Christian Auer, der schon Figuren wie Martin Luther oder dem Brandner-Kaspar das Singen beigebracht hat, machte aus dem traurigen Doktor aus Ingolstadt, der den Tod überwinden und als ein "neuer Prometheus" der Menschheit Gutes tun will, ein Rock-Musical.
Frankenstein im Deutschen Theater: Songs mit viel Schmelz
In der Tat krachen die E-Gitarren, das Schlagzeug treibt die Rhythmen und beim Grabräubern auf dem neblig im Mondschein liegenden Friedhof dröhnt die Orgel herzerfrischend. Allerdings spart man sich im Silbersaal die Band und singt zum vorproduzierten Sound. Doch der klingt gut und die fünfköpfige Truppe, die sich munter auf der Bühne tummelt und zwischendurch auch im Publikum gespenstert, lässt sich angenehm hören. Das gilt sowohl für die Uptempo-Nummern als auch für die tragenden Songs mit viel Schmelz, denn der junge Arzt Victor Frankenstein (Peter Lewys Preston) hat es auch am Herzen: Er ist unsterblich verliebt in Elisabeth (Navina Heyne), die Tochter seines Medizinprofessors, wobei "unsterblich" zum Showdown überraschend wörtlich zu nehmen ist.
Den Prof spielt und singt Thomas Borchert und später auch das Monster auf der Flucht. Dazu sind Navina Heyne, Marina Igelspacher und Gareth Davies das übrige Personal von Frankensteins Faktotum Igor bis zu den Marktfrauen, unter denen sich das Leichenfleddern offenbar schon verbreitet hat: "Diese Wurst ist nichts für Veganer. Sie ist gemacht aus Veganern".
Die Show hat immer wieder Witz, wenn sich die Inszenierung Zeit dazu lässt. Das geschieht allerdings nicht immer und mancher hübscher Slapstick geht in grob geschnitztem Klamauk unter. Eine bleibende Erinnerung schaffen sich zum Happyend nur das Monster mit seiner frisch erschaffene Braut und knipsen noch schnell ein Selfie vor dem Abgang.
Silbersaal im Deutschen Theater, bis 28. November, Di - Sa, 20 Uhr, Sa auch 15.30 Uhr, So 11 und 15 Uhr, Telefon 089/5234444