"Der tapfere Soldat", inszeniert von Peter Konwitschny

Peter Konwitschny inszeniert die Operette „Der tapfere Soldat“ von Oscar Straus sehr brav im Gärtnerplatztheater
von  Robert Braunmüller
Josef E. Köpplinger mit Peter Konwitschny.
Josef E. Köpplinger mit Peter Konwitschny. © Christian P. Zach

"Zauberhaft, ganz zauberhaft, Herr Konwitschny“, sagte ein pensionierter österreichischer Intendant nach dem Ende des ersten Akts zum Regisseur. In der Tat.

Es gab bis zur Pause viel Hübsches zu sehen: herabschwebende Requisiten, durch das Schlafzimmer einer Dame robbende Soldaten, den Fallschirmabsprung eines Schweizer Waffenhändlers und die üblichen Szenen eines Schwanks mit dem Liebhaber unter dem Bett, nachgepfeffert durch serbisch-bulgarische Kriegshandlungen in der guten alten Operettenzeit vor dem Untergang des alten Abendlandes.

Der wilde ältere Herr des (ost-) deutschen Regietheaters hat die Operette „Der tapfere Soldat“ im Gärtnerplatztheater mit Samthandschuhen angefasst. Und das passt schon: Oscar Straus schielt nie wie Franz Lehàr nach der Oper. Die Märsche der Soldaten orientieren sich eher an Offenbach als am Radetzkymarsch. Die feine Heiterkeit der „Großherzogin von Gerolstein“ liegt in der Luft, wenn Hauptmann Massakroff (Alexander Franzen) wie der General Boum die Bühne erstürmt.

Lortzing mit angezogenen Schrauben

Bis zur Pause inszeniert Konwitschny liebenswürdig jene k.u.k-Spieloper, zu der die beiden wackeren Textdichter George Bernard Shaws defätistische Komödie „Helden“ aufgezuckert haben.

Bumerli ist in der Operette genau der nette, von drei Damen umschwärmte Filou, den Daniel Prohaska so gerne, oft und unwiderstehlich spielt. Seine bei Shaw an Zynismus grenzende Nüchternheit sorgt in der Operettenfassung nur für ein paar samtweiche Pointen.

Im zweiten Akt zieht Konwitschny die Schrauben an. Aber in Güte und Liebe, nicht wirklich böse gemeint. Die Soldaten ruinieren bei ihrem Vormarsch ein Blumenbeet. Die aufschneiderischen Bulgaren tragen Schnurrbärte wie Kaiser Wilhelm. Der siegreiche Major Alexius (Maximilian Mayer) knallt bei jedem schnarrenden Satz mit den Hacken. Männer mit Hosenträgern und in Unterwäsche spielen sich auf, essen einen Schweinskopf und robben über die Bühne.

Wieder platzen ein paar Granaten. Bumerli landet ein zweites Mal mit dem Fallschirm, um das operettenübliche Quiproquo so weit zu verwirren, dass es für ein maßgeschneidertes Finale in der Tradition der „Lustigen Witwe“ mit zerstrittenem Traumpaar reicht.

Ins Mikrofon brüllen

Zwischenzeitlich lauscht der Besucher mit geneigtem Ohr dem schlanken Klang des Orchesters des Staatstheaters am Gärtnerplatz unter Anthony Bramall und der klar singenden und im Bedarfsfall auch kratzbürstigen Sophie Mitterhuber als Nadina. Diese junge Sängerin ist ein echter Gewinn für das Ensemble. Ärgerlich ist wie immer die (eigentlich unnötige) Verstärkung der Dialoge, bei der schon einmal ein Darsteller dem anderen versehentlich ins Mikrofon brüllt.

Vor dem letzten Akt fallen Bomben. Nun dreht Konwitschny die Schraube kurz vor die Schmerzgrenze. Die Wirrungen der Liebe werden nun in angekokelten Kostümen zwischen rauchenden Flugzeugtrümmern entwirrt. (Bühne: Johannes Leiacker). Bumerli landet im Lazarett, die Mutter der Heldin (Ann-Kathrin Naidu) trägt nun eine Augenklappe, Kasimir Popoff (Hans Gröning) keucht asthmatisch. Den Schlussgesang gibt’s im von Oscar Straus nicht notierten Pianissimo, davor singt Sophie Mitterhuber die Versöhnung wie eine stark verlangsamte Schallplatte.

Ganz ein Netter

Der alte Intendant vertraute leise schnarchend der Inszenierung. Was er über die zweite Hälfte dachte, wurde uns nicht bekannt. Zwei Damen, die wir zum Kreis der typischen Operettenliebhaberinnen zählen würden, fanden die Aufführung nach schönem Anfang etwas zu klamottig.

Konwitschny bleibt innerhalb der Grenzen des musikalischen Unterhaltungstheaters. Im post-heroischen Zeitalter bleibt seine Kritik am Militarismus wohlfeil. Die Premiere war im Verhältnis eher schwach besucht. Anhängern des Regietheaters dürfte die Inszenierung zu zahm sein, Operettenhabitués tragen Konwitschny die kopflos tanzende Leiche aus der Dresdner „Csárdásfürstin“ vor fast 20 Jahren nach. Ihnen rufen wir zu: Mittlerweile ist der böse Bube ein ganz, ganz Netter!    

Wieder am 23., 29. Juni; 4., 7., 8. Juli, Telefon 2185 1960, www.gaertnerplatztheater.de

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