Der "Pumuckl" begeistert auch als Musical

Mein Sohn (7) gibt eine klare Note Eins für den „Pumuckl“ im Gärtnerplatztheater. Und zwar angefangen von der Durchsage des Klabautergesetzes, dass Filmen und Fotografieren während der Vorstellung untersagt sei, über die Musik bis zu den Spukeffekten. Auch wenn ihm die Nylonschnur bei den fliegenden Gegenständen nicht entgangen ist.
Wie die blutige Hand im Schloss verschwindet, durchschauen auch Erwachsene nicht. Auch sie haben gut zwei Stunden lang ihren Spaß. Denn es ist Franz Wittenbrink gelungen, ein komplett seifenfreies Musical ohne jeden Kommerzsound zu komponieren.
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Wittenbrinks Musik ist eingängig, aber nie kindertümelnd. Saxofon, Schlagzeug und E-Gitarren sorgen für Swing, eine Zither für musikalisches Lokalkolorit. Wittenbrinks Musik klingt mit ihrer Humtata-Tuba wie ein bayerischer Kurt Weill, ohne dass man jetzt das Gefühl hätte, einer billigen Aufführung für drei Groschen teilzunehmen.
Die im Original etwas fade Episode im Spukschloss beginnt wie ein barockes Trompetenkonzert und liefert ein Finale mit singenden Geistern. Von Pumuckls Vorgeschichte als Klabautermann erzählt eine Traumsequenz mit Sturmszene, die meinem Sohn als „wilde Musik“ besonders gefallen hat.
Sanfte Botschaft
Nach der Pause zerstreitet sich der Kobold mit Meister Eder wegen des Diebstahls von Hannas Haarspange und flüchtet zum Schlosser Schmitt, bis ihn Meister Eder wieder zurückholt. Da gibt die Autorin Anne X. Weber den Kindern die pädagogische Botschaft mit, dass auch der schönste anarchische Unfug seine Grenze darin findet, wenn anderen geschadet wird.
Pumuckl singt im Falsett. Der schwierige Übergang von der unvermeidlichen Hans-Clarin-Nachahmung in den gesprochenen Dialogen zur Musik funktioniert daher wie geschmiert. Benjamin Oeser darf die Bühne mit Sägespänen, Zwetschgenmus und herumgeworfenen Requisiten einsauen. Ferdinand Dörfler ist ein fast immer gutherzig-nachsichtiger, und nur einmal grantelnder Meister Eder, der ohne weiteres mit seinen berühmten Vorläufern mithalten kann.
Ideal für Theatereinsteiger
Dagmar Hellberg spielt eine wunderbar nervige Karlsruherin, Marianne Sägebrecht hat einen Kurz-Auftritt als Lehrerin mit Schulklasse, deren Wandertag von Pumuckl durcheinandergebracht wird. An das eher scheußliche Dreh-Bühnenbild mit seinen abstrahierten Bauwerken (Karl Fehringer, Judith Leikauf) gewöhnt man sich. Andreas Kowalewitz und das Orchester des Gärtnerplatztheaters sind wie immer engagiert bei der Sache.
Selbst das schwierigste Problem des Kindermusiktheaters haben die „Pumuckl“-Macher im Griff: Jedes gesungene Wort ist zu verstehen. Auch das Tempo stimmt, weil Wittenbrink fast nur schnelle Nummern komponiert hat. Die Kinderfrage „Wie lang dauert es noch?“ braucht hier nicht gestellt zu werden. Wittenbrinks „Pumuckl“ ist ideal für junge Theatereinsteiger ab sechs Jahren. Falls man in der nächsten Zeit dafür überhaupt Karten bekommt.
Die nächsten Vorstellungen sind schon ausverkauft. Restkarten gibt es noch für den 9. und 17. Mai, 10.30 Uhr, und für die Aufführungen im Juli, für die der Vorverkauf drei Monate davor beginnt (Telefon 2185 1960)