Der neue Gasteig in Sendling

Der Aufsichtsrat des Gasteig spricht sich für das Stadtwerke-Areal am Heizkraftwerk Süd als Interim während der Sanierung aus
von  Robert Braunmüller
Die Verteilung der Gasteig-Institutionen auf dem Gelände.
Die Verteilung der Gasteig-Institutionen auf dem Gelände. © Allmann Sattler Wappner Architekten

MÜNCHEN - Es war keine einfache Aufgabe. Mehr als 35 Standorte wurden untersucht, um die Philharmonie, die Stadtbibliothek, die Volkshochschule und die Musikhochschule während der millionenschweren Generalsanierung des städtischen Kulturzentrums unterzubringen. Sie soll 2020 beginnen und fünf Jahre dauern.

Nun sind die Würfel gefallen: Der Aufsichtsrat des Gasteig hat sich für das Stadtwerke-Gelände am Mittleren Ring gegenüber dem Heizkraftwerk Süd an der Hans-Preißinger-Straße in Sendling entschieden. Hier können alle im Gasteig ansässigen Institute unter einem Dach untergebracht werden.

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„Das von den Stadtwerken angebotene Areal ist ein Glücksfall“, sagt Gasteig-Geschäftsführer Max Wagner. „Das Gelände erfüllt ganz viele Kriterien: Es ist zentral gelegen und gut zu erreichen. Vor allem aber kann dort die einzigartige Mischung erhalten werden, die den Gasteig ausmacht und jeden Tag so viele Besucherinnen und Besucher quer durch die Gesellschaft anzieht.“

Der Zustimmung des Aufsichtsrats ging die Präsentation einer Machbarkeitsstudie von Architekten, Stadtplanern, Akustikern und Statikern voran. Geprüft wurde unter anderem, ob die Trafohalle als Konzertsaal geeignet wäre. Das Ergebnis: Sie ist zu schmal, und notwendige Umbauten wären mit Rücksicht auf den Denkmalschutz und den Zeitdruck nur schwer durchsetzbar.

Zwillingsbauten in Holz

Aber das ist kein Problem, denn Platz ist auf dem Gelände reichlich vorhanden: Der Konzertsaal könnte in Holzmodulbauweise als Ersatz-Philharmonie auf einer Freifläche des Geländes neu entstehen – als Zwillingsbau direkt neben der ehemaligen Trafo-Lagerhalle der Stadtwerke. Auf der anderen Seite könnte eine Interims-Blackbox entstehen.

Die ehemalige Trafohalle wäre als Foyer und Garderobenbereich für den Konzertsaal denkbar, aber auch als gemeinsam genutztes Forum aller Institutionen. Zusammen mit den bestehenden Gebäuden auf dem Areal hätten 95 Prozent der von den Gasteig-Institutionen benötigten Fläche auf dem Gelände an der Ecke Brudermühl- und Schäftlarnstraße Platz, so die Studie.

Die Ersatz-Philharmonie soll dem Vernehmen nach 1800 Plätze haben – knapp 600 weniger als das Original im Gasteig. Die Münchner Philharmoniker könnten ihre Abo-Reihen hier ohne größere Abstriche unterbringen. „Ich bin froh, dass es endlich weitergeht“, sagt Nikolaus Pont, der Manager des BR-Symphonieorchesters. „Nun müssen die Details geklärt werden.“ Bei beiden Orchestern droht wegen des langen Vorlaufs bei der Konzertplanung und dem Engagement der Dirigenten die Zeit davonzulaufen. Denn der Neubau im Werksviertel wird kaum vor dem Beginn der Gasteig-Sanierung fertig sein.

Die Grundlagen sind gelegt

Auch bei den privaten Veranstaltern ist Erleichterung spürbar: Der drohende Umzug von Klassik und Edelpop nach Riem ist vom Tisch. Die geringe Entfernung zum Zentrum wiegt die geringere Zahl von Plätzen auf. „Uns liegt viel an der Stadt-Nähe“, sagt Nicolaus Schreyer von Bell’arte. „Die meisten unserer Kunden leben im Süden und Westen der Stadt. Für sie ist das Gelände in Sendling gut erreichbar.“

Ähnlich sieht das Andreas Schessl von Münchenmusik: „Die Grundlage für ein Gelingen ist gelegt.“ Der Umzug vom rechten zum linken Isarufer müsse aber lustvoll kommuniziert werden, damit das Publikum auch mitzieht.

Dialog mit den Mietern

Das letzte Wort hat der Stadtrat – wohl noch im Herbst. Bleiben die Gewerbetreibenden und Künstler als derzeitige Zwischennutzer des Geländes: Josef Schmid (CSU) kündigte an, den Dialog mit den Mietern fortzuführen. Da ist er sich mit dem SPD-Kultursprecher Klaus Peter Rupp einig: „Ich finde den Standort charmant und reizvoll. Aber man muss die Leute mitnehmen und die bisherigen Nutzer so weit als möglich einbeziehen.“

Das fordern auch die Grünen im Stadtrat: „324 Menschen verdienen hier ihren Lebensunterhalt“, sagt Gülseren Demirel. Ihre Werkstätten dürften nicht einfach platt gemacht werden. „Langfristig streben wir an, auf dem Gelände Wohnen, Kultur und Gewerbe zu einer interessanten Mischung zu vereinen und dazu einen städtebaulichen Wettbewerb auszuschreiben“, fügt ihr Kollege Florian Roth hinzu. „Die kulturellen Nutzungen, die jetzt entstehen, können dafür den Weg bereiten – zu einem zweiten Kreativquartier, das München ebenso dringend braucht wie seine Hochkultur.“

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