Der Magier Hans Klok

Irgendwann will der Großzauberer zeigen, dass er nicht nur das Action-Spektakel beherrscht, sondern auch die altmodischen Tricks. Also stellt Hans Klok ein Glas, zwei Flaschen und zwei Zylinder auf einen Tisch. Ein paar Schnipser und unzählige erstaunte Zuschauer-Blicke später befinden sich neun Flaschen darauf. Mühelos und scherzend hat der Illusionist weitere sieben aus den Zylindern gezaubert.
Gut kann eben simpel sein. Den Rest seiner Vorstellung gestaltet Klok pompöser. Abgesehen von wenigen Varieté-Tricks dieser Art setzt er auf moderne Magie. So lässt er sich in eine mit Wasser gefüllte Truhe sperren und hat nur so viel Zeit, sich zu befreien, wie er den Atem anhalten kann. Oder er zieht eine Zwangsjacke an, hängt kopfüber an einem brennenden Seil und versucht zu entkommen, bevor das Seil durchbrennt und er auf den Boden kracht. Für den „schnellsten Magier der Welt“ alles kein Problem. Diesen Titel erwarb er sich, als er 2013 15 Illusionen in fünf Minuten vorführte.
Zu seinen aktuellen Entfesselungsnummern hat ihn Harry Houdini inspiriert. Dieser wurde im frühen 20. Jahrhundert durch bis dato nicht gesehene, waghalsige Befreiungs-Aktionen zum Star. Klok selbst gelang der Durchbruch zu Beginn der 90er Jahre in Las Vegas. Wie im dortigen Cesar’s Palace hüllt er auch die Bühne des ausverkauften Deutschen Theaters ständig in Feuer und Rauch. Er präsentiert hier sein Programm „The New Houdini“. Ein bisschen weniger Las Vegas hätte nicht geschadet: Warum ihm Tänzerinnen mit erotischen Blicken, wackelnden Hüften und halb entblößtem Po assistieren müssen, wird nicht klar. Der Show täte es keinen Abbruch, die fast nackige Entourage wegzulassen.
"War das geil!"
Sehenswerter sind dagegen die internationalen Artisten, die den 46-Jährigen unterstützen: eine Seiltänzerin aus China, ein afrikanisches Verbiegungswunder und rasante Tänzer aus der Ukraine, die ihre Outfits in weniger als zwei Sekunden komplett wechseln. Eine ehemalige Hula-Hoop-Tänzerin des Cirque du Soleil zeigt dem Publikum, wie man sich grazil mit zwanzig Reifen um die Hüfte bewegen kann.
Da machen die Zuschauer große Augen. Vor allem die Kinder, die den Altersdurchschnitt im Publikum leicht senken. Als Klok ein Mädchen auf die Bühne holt und sie schweben lässt, freut man sich für die Kleine – und vergisst kurz, dass man sich einen Augenblick vorher noch fremdgeschämt hat. Da hat der Illusionist sie mit seinem festgetackerten Grinsen gefragt: „Stand es auf deiner Wunschliste, mit einem blonden Magier auf der Bühne zu stehen?“ Die entwaffnende Antwort des Mädchens: „Ich hab’ mir bisher noch keine Wunschliste geschrieben.“
Doch Klok hat noch mehr selbstgefällige Sprüche auf Lager: „Gibt es noch Fragen?!“ oder „War das geil?!“ Wenn zwischendrin für ein paar Sekunden die Luft raus zu sein scheint, schüttelt er einfach seine Föhnfrisur, stellt sich mit hervorgedrückter nackter Brust ins Scheinwerferlicht und verliert außer Atem ein paar pathetische Worte zu seinem Idol Harry Houdini. Und zwar auf deutsch. „Ich klinge wie Rudi Carrell“, sagt der Niederländer, „aber ich sehe aus wie Linda de Mol.“
Und die Show? Spätestens, wenn Hans Klok zum vierten Mal seine italienischen Tänzerinnen in eine Box steckt und diese mit Schwertern durchbohrt und anzündet, fühlt man sich ein wenig ernüchtert. Die Versuchs-Damen steigen – Überraschung! – wieder unverletzt aus der Kiste. Irgendwann ist das dem Publikum keinen großen Applaus mehr wert.
Die Show „The New Houdini“ läuft noch einmal heute um 20 Uhr im Deutschen Theater und ist ausverkauft