Der Gasteig-Plan: Abgeben, sanieren, zurückmieten

Nächste Woche nähert sich die Stadt mit einem weiteren Schritt der Gasteig-Sanierung an, deren Abschluss weiter in die Ferne rückt
von  Robert Braunmüller
Der neue Gasteig.
Der neue Gasteig. © Büro Henn

Seit Frühjahr 2022 steht der Gasteig sanierungsreif geräumt am Isarhochufer. Die Philharmoniker sind in die Isarphilharmonie gezogen, die Stadtbibliothek ins Motorama und ins Foyer des Interims-Konzertsaals, dessen Nebenräume auch von der Volkshochschule genutzt werden. Im alten Gasteig hat sich mit der "Fat Cat" eine erfreuliche Zwischennutzung eingerichtet. Nur: Bagger und Baukräne sind nirgendwo zu sehen.

Eine Simulation des neuen Gasteig mit der "Kulturbrücke" zwischen Bibliothek und Philharmonie.
Eine Simulation des neuen Gasteig mit der "Kulturbrücke" zwischen Bibliothek und Philharmonie. © Büro Henn

Am 2. Oktober soll der Stadtrat in der Vollversammlung den nächsten Schritt beschließen: Die Münchner Raumentwicklungsgesellschaft (MRG), eine städtische Tochtergesellschaft, soll die Sanierung durchführen. Dafür sollen Mittel bewilligt werden, wie aus einer Beschlussvorlage hervorgeht, die noch einmal die bereits im Frühjahr beschlossene Vorgangsweise bestätigt.

Die Kosten in die Zukunft verlagern

Die MRG kam ins Spiel, nachdem es der mittlerweile ausgeschiedenen Zweiten Bürgermeisterin Katrin Habenschaden nicht gelungen war, einen Investor zu finden. Danach wurde ein Partnering-Modell beschlossen: Die städtische Gesellschaft übernimmt den Gasteig, treibt das Geld für die Sanierung auf, beauftragt einen Generalunternehmer und verpachtet das Kulturzentrum nach seiner Sanierung wieder an die Stadt.

Dieses verschachtelte Verfahren soll den hohen Kosten nahe der Milliardengrenze ein wenig den Schrecken rauben und in die Zukunft verlagern. Und es ist bewährt: Auf eine ähnliche Weise wurde der Bau bereits in den 1980er Jahren und finanziert.

Die MRG hat Erfahrung mit Großprojekten durch die Errichtung der Infrastruktur der Messestadt Riem und des umliegenden neuen Wohngebiets. Außerdem ist Benedikt Schwering in die Geschäftsführung eingetreten. Kaum jemand kennt das schwierige Projekt besser: Er war als Prokurist der städtischen Gasteig GmbH entscheidend an der Planung der Generalsanierung beteiligt. Insider sind voll des Lobes über diese Personalie.

Die Eröffnung verschiebt sich

Die MRG soll laut der Vorlage Partner aus der freien Wirtschaft für die Finanzierung und Durchführung der Sanierung gewinnen. Zwischen 2025 und 2027 sollen durch einen Wettbewerb geeignete Bauunternehmen gefunden werden. Dem würde sich eine Construction-Phase ab 2029 anschließen. Mit anderen Worten: Bauarbeiten, die bis 2035 andauern würden.

Bisher galt 2032 als möglicher Eröffnungstermin. Bei den Kosten bleibt der Antrag bei den bisher genannten 750 Millionen, einschließlich der in nächster Zeit fälligen Planungskosten von 32 bis 37 Millionen. Brisanter ist die im Antrag genannte Miete des fertig sanierten Gasteig, die zwischen 38 und 43 Millionen Euro jährlich betragen könnte.

Der Gasteig in seiner ganzen Pracht.
Der Gasteig in seiner ganzen Pracht. © Johannes Seyerlein/Gasteig GmbH

Das dürfte im Moment der einen oder anderen Stadträtin (m/w/d) angesichts knapper Kassen Sorgenfalten auf die Stirn treiben. Teile der SPD-Fraktion spielen die Sanierung gelegentlich gegen soziale Kosten aus, obwohl der neue Gasteig als Bildungsprojekt und offener "Third Space" konzipiert ist, dessen Räume vielfach konsumfrei genutzt werden können.

Der Gasteig brummt auch ohne Sanierung

Dann ist da noch das Werksviertel, wo der Freistaat einen Konzertsaal bauen möchte, der sich in einer ähnlichen Planungsphase wie die Gasteig-Sanierung befindet. Die immer wieder geforderte Zusammenarbeit scheiterte bislang an Eitelkeiten. Und außerhalb der Klassik-Blase könnte man tatsächlich auf die Idee kommen, dass zwei Philharmonien zusätzlich zur hochgelobten Isarphilharmonie womöglich eine zuviel sind.

Auch der Erfolg der Interims steht der Sanierung im Weg: Die "Fat Cat" brummt im unsanierten Gasteig und provoziert die Frage, ob es die teure Sanierung überhaupt braucht.

Trotzdem ist der Neue Gasteig unverzichtbar: Die feste Burg am Isarhochufer ist als Kulturzentrum unzeitgemäß geworden, Sie braucht eine Öffnung, wie sie in der Planung vorgesehen ist.

Grüne und CSU haben bisher stabil die große Sanierung mitgetragen. In der Beschlussvorlage wird nach Vorberatungen übrigens eine Annahme der Vorlage empfohlen.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.