Der Ballettabend "Arsen - ein Rokokothriller in der AZ-Kritik
Er ist einer der schillerndsten Figuren der skandinavischen Tanz- und Theaterszene: Jo Strömgren hat sich um Ibsen gekümmert, fiel als Filmregisseur auf, arbeitet als Kostümdesigner und Choreograf – vielleicht ist er ein Allround-Genie, auf jeden Fall aber scheint er sich für einen pfiffigen Geschichtenerzähler zu halten. Dass dabei auch gelegentlich die Grenzen von Niveau und Geschmack gestreift werden – geschenkt.
Das Gärtnerplatztheater präsentierte jetzt in der perfekt passenden Kulisse des Cuvilliéstheaters Strömgrens neueste Création, eine Uraufführung mit dem viel versprechenden Titel „Arsen – ein Rokokothriller“.
Das knapp zwei Stunden dauernde Spektakel als Ballett zu bezeichnen, wäre höflich. Ein buntes Party-Völkchen rennt in historischen Kostümen über die Bühne. Ein paar Fremde irritieren mit abstrus-eckigen Bewegungen, die sich zu besseren Anlässen auch schon einmal Choreografie-Kollege Mats Ek ausgedacht hat.
Diverse in der Küche entrichtete Klo-Rituale werden angedeutet. Bedienstete mit Schäufelchen sorgen dafür, dass nichts liegen bleibt. Fraglos eine lustige Gesellschaft, bis plötzlich eine Dame tot umfällt: Jetzt kommt das Arsen ins Spiel. Mehr sei nicht verraten.
Das Gift verändert die tanzenden Körper. Die Choreografie wandelt sich, wird immer grotesker. Nur die vom Orchester des Gärtnerplatztheaters unter Jürgen Goriup stoisch exekutierte Musik bleibt die Gleiche – Barockschnipsel, vorwiegend von Vivaldi und Corelli, austauschbar wie das Geschehen auf der Bühne.
Selbst der, dem sich die eigenwillige Komik der Choreografie nicht erschließt, mag an der temperamentvollen Virtuosität der Gärtnerplatz-Tänzer Gefallen gefunden haben. Was aber könnte die Botschaft des Norwegers Jo Strömgren gewesen sein? Dass die Schickeria des Rokoko sich einst genau so selbstverliebt präsentierte wie unsere Bussi-Bussi-Gesellschaft?
Näher liegt, das Ganze als ein albernes, mit Maßen vergnügliches Kasperltheater zu bezeichnen.
Cuvilliéstheater, wieder am 22. und 23. März und im April, Telefon 21 85 19 60