Denkwürdig: Kabarettist Jess Jochimsen im Lustspielhaus
Zu den Köstlichkeiten, geradezu Kostbarkeiten eines Abends von und mit Jess Jochimsen gehören die Diashows vor der Pause und am Schluss. Das letzte dieser Fotos mit Stilblüten aus den Beschriftungen an öffentlichen Orten, die mal amüsiertes Grübeln und mal brüllendes Gelächter auslösen, zeigt in seinem jüngsten Solo "Meine Gedanken will ich manchmal nicht haben" ein Verkehrsschild. Die Straße heißt Gute Zukunft und ist eine Sackgasse "ohne Wendemöglichkeit".
"Das wird ein guter Abend" lautet das Versprechen zu Beginn
Noch positiver als mit diesem Gruß aus der Wirklichkeit lässt sich eine Satireveranstaltung kaum beenden. Dem geborenen Münchner, der heute in Freiburg lebt, ist es aber nicht nur wichtig, dass die Leute sich nach seiner Vorstellung im Lustspielhaus wohl fühlen. Gleich zu Beginn verspricht er, "das wird ein guter Abend", und er wird recht behalten.
Sein Publikum kann sich in der Zuneigung des Künstlers sonnen, wenn er feststellt: "Ihr seid die Guten. Ihr geht ja ins Theater." Diesen freundlichen Zuspruch braucht man allerdings auch, denn hinter dem sanft unaufgeregten Plaudern lauert die durchaus mit Zorn unterfütterte Forderung zu eigenveranwortlicher "Denkleistung".
Zwischendrin wird Jochimsen zum Mathematiker
Natürlich sei Glauben komfortabler als Wissen, doch dann beschreibt er die Schönheiten der Mathematik. Dem Mathematiker sei es unwichtig, ob das Wasserglas auf dem Tisch stehe oder umgekehrt. Ganz nebenbei demonstriert er, warum der Physiker das anders sieht.
Der Kabarettist erinnert an Karl Weierstraß, der Mitte des 19. Jahrhunderts gleichzeitig Gedichte schrieb und maßgeblich an der Entwicklung der modernen Mathematik mitwirkte. Mit der Unerbittlichkeit der Algebra rechnet Jochimsen vor, dass mit dem Geld, das alleine in den USA für Diäten Übergewichtiger ausgegeben werde, der Welthunger gestillt werden könnte.
Schlussfrage: "Wo, zum Teufel, bleiben die Orgien?"
Zwischendurch gibt er Tipps für den Haushalt: "Schweinefleisch bleibt jahrelang frisch, wenn man das Tier am Leben lässt." Beim Thema Corona erinnert er daran, dass das Ende einer Pest-Epidemie von den Überlebenden früher mit Orgien gefeiert wurde. Er selbst sei zwar nicht der Orgien-Typ, aber er fragt sich schon: "Wo, zum Teufel, bleiben die Orgien?" Vielleicht, mutmaßt er, "sind wir noch nicht so weit".
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