Denke global, lebe lokal
Von Künstlern aus Russland wird derzeit bei Pressekonferenzen ein Kommentar zur Krim-Politik erwartet. Dieses Ritual ist mittlerweile fast ein bisschen peinlich. Der designierte Chef des Bayerischen Staatsballetts wartete die Journalisten-Frage gar nicht erst ab und kam gleich zur Sache: „Ich bin kein Politiker, aber sie sollten sich an einen Tisch setzen und sich beruhigen“, sagte Igor Zelensky. Er hoffe, dass der Konflikt mit friedlichen Mitteln gelöst werde, sagte er und meinte: „Kunst rettet die Welt.“
Zelensky wird im September 2016 Nachfolger von Ivan Liska als Direktor des Bayerischen Staatsballetts. Sein Vertrag läuft für vorerst fünf Jahre. Derzeit ist der Tänzer, der vor 15 Jahren selbst bei einem Gastspiel auf der Bühne des Nationaltheaters stand, seit 2006 Leiter des Balletts am Staatstheater im russischen Nowosibirsk und seit 2011 auch künstlerischer Ballettdirektor am Moskauer Stanislawski Nemirowitsch-Dantschenko Musiktheater.
Von Petipa bis Pina Bausch
„Seine weltweiten Kontakte bilden die Möglichkeit zur Weiterentwicklung des Balletts“, sagte Kunstminister Ludwig Spaenle bei der Vorstellung im Ionischen Saal des Nationaltheaters. Zelensky beherrsche den Spagat zwischen Tradition und Avantgarde. Hausherr Nikolaus Bachler lobte ihn als außergewöhnlichen Künstler, der bereits umfangreiche Leitungserfahrung besitze: „Das berechtigt zu schönsten Hoffnungen für die neue Ära.“
Konkrete Zukunfspläne für das Staatsballett verriet Zelensky naturgemäß nicht – bis auf den Leitspruch „Denke global, lebe lokal“. Und den nimmt er persönlich ernst: Im September wird er mit seiner Familie und den Kindern nach München ziehen - rechtzeitig zum Beginn des Schuljahrs.
Zelensky will sich in den kommenden zwei Jahren bis zum Neuanfang intensiv mit der Compagnie des Staatsballetts beschäftigen. Dann sei alles möglich – „von Marius Petipa bis Pina Bausch“.
Auch Ivan Liska und die stellvertretende Ballettdirektorin Bettina Wagner-Bergelt waren anwesend, was keine Selbstverständlichkeit ist. Der Übergang von der bis dahin 18-jährigen Ära Liska auf Zelensky werde „evolutionär und nicht revolutionär“ erfolgen, versicherte der Neue. Das beruhigt die konservativen Tanz-Gemüter.