Demontage eines Helden
Michael von Au spielt in der Komödie „Die Wahrheit“ einen Schürzenjäge. Mit der AZ spricht er über seine Rolle, Risikos und Dieter Dorn
Wie hält es der Schauspieler persönlich mit der Wahrheit? „Eine Konfrontation muss nicht sein, wenn sie sich vermeiden lässt“, meint Michael von Au. Er steht damit auf der Seite der Figur, die er ab heute in der Komödie im Bayerischen Hof spielen wird. Dieser Michel macht daraus ein Rezept zur Menschheitsrettung: „Wenn die Leute von heute auf morgen aufhören würden, sich zu betrügen, gäbe es kein einziges Paar mehr auf Erden. Und in gewisser Weise wäre das das Ende der Zivilisation.“
Michel ist ein Schürzenjäger, der mit Alice (Saskia Valencia), der Frau seines besten Freundes Paul (Ralf Komorr), eine Affäre hat. So weit ist die Komödie „Die Wahrheit“ des erst 35-jährigen französischen Dramatikers Florian Zeller ein Boulevardstück wie viele andere. Doch während der Zuschauer Michels Seitensprüngen, Winkelzügen und Vertuschungsstrategien folgt, erlebt er ganz allmählich die Demontage des zunächst selbstbewussten, aber auch leicht geschwätzigen Helden.
Dieter Dorns toller Typ
Schon bei erster Lektüre war Michael von Au begeistert von dem Stück. Es steht, so freut er sich, in der Tradition der hinterhältigen Konversationsstücke aus Paris wie „Der Vorname“ von Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière, das gerade im Resi zu sehen ist, oder von Yasmina Reza. Deren „Gott des Gemetzels“ war einer der größten Erfolge der späten Dieter-Dorn-Ära im Residenztheater mit von Au und wäre wahrscheinlich noch heute ausverkauft. Aber natürlich wollte Martin Kušej, als er 2011 am Max-Joseph-Platz Chef wurde, „kein Dorn-Theater übernehmen“. Das galt auch für das Ensemble.
Von Au war seit 1988 Schauspieler bei Dieter Dorn – zunächst an den Kammerspielen, anschließend am Staatsschauspiel. Sitzt man mit dem Mann zusammen, der jahrzehntelang das Profil des Münchner Theaters entscheidend mitprägte und in fast 50 Fernsehspielen und Serien Schwiegermutters Liebling war sowie sicherlich auch manches Mädchenherz höher schlagen ließ, hört man eine gewisse Ernüchterung heraus – und das, obwohl man sich in einem traditionellen Bierlokal und von Aus Stammkneipe, der Gaststätte Isarthor, getroffen hat.
Eingebettet in ein Ensemble wie das von Dieter Dorn „versäumt man, mal über den Tellerrand hinaus zu blicken“, erinnert er sich. Zudem sieht der 49-Jährige sich als Ensemble-Spieler, der andererseits in keiner anderen Stadt als München mehr Mitglied eines Stadt- oder Staatstheaters sein will. So bleibt nichts, als die versäumte Vernetzung nachzuholen und auch „mal ein Scheißstück“ zu riskieren. Aber, zum Glück, „war bisher keins dabei“. Die Komödie „Die Wahrheit“ gibt auch Gelegenheit, einmal darüber nachzudenken, wie ehrlich man zu sich selbst ist: „Wer schon sich selbst nicht betrügt, kommt der Wahrheit näher.“
Komödie im Bayerischen Hof, vom 12. Februar bis 30. März 2014, Tel. 292810