Das Wiesn-Debüt von Daniel Prohaska
Ein Wiesngespräch mit einem Oktoberfest-Skeptiker: Daniel Prohaska über Tracht, Weißwürste und seine Eindrücke beim Schichtl
Zwei Weißwürste waren seine Henkersmahlzeit. Auch eine Apfelschorle durfte Daniel Prohaska noch trinken. Dann ging es zum Schichtl. Aber der Henker wählte eine hübsche Dame aus dem schönen Aßling. Und so durfte sich der Bonvivant des Gärtnerplatztheaters weiter auf der Wiesn umschauen. Es war sein erster Besuch auf dem größten Volksfest der Welt – zumindest fast. Zum Eingewöhnen trafen wir uns vorsichtshalber mittags um 12 Uhr auf ein Paar Weißwürste.
AZ: Herr Prohaska, es gibt das Gerücht, dass Sie noch nie auf der Wiesn waren. Stimmt das?
DANIEL PROHASKA: Als Kind bin ich mal mitgenommen worden. Ich war da vielleicht fünf Jahre alt. Leider durfte ich nicht mit der kleinen Zug-Achterbahn fahren. Das hat mich maßlos enttäuscht. Aber das sind nur noch diffuse Bilder.
Und seitdem waren Sie nie wieder da?
Nicht mehr.
Fürchten Sie, Ihre Stimme könnte bei dem Krach leiden?
Nein, ich kann mit Stütze sprechen. Ich würde nicht am Tag vor einer Vorstellung herkommen. Aber wir haben in der Ausbildung gelernt, laut zu sprechen, ohne dass man sich anstrengt. Sonst hält man einfach die Gosch’n.
Warum meiden Sie die Wiesn?
Ich bin einfach kein Menschenmassentyp. Wenn zu viele Leute unterwegs sind, fühle ich mich einfach nicht wohl.
Eigentlich seltsam für jemanden, der gewohnt ist, vor 1000 Menschen aufzutreten.
Im Musiktheater ist der Orchestergraben dazwischen: eine Art Schutzbarriere. Außerdem wird man auf der Bühne nicht von Menschenmassen erdrückt.
Und wie steht es mit Bier?
Es schmeckt mir schon. In München mag ich das Augustiner besonders.
Wie fanden Sie die Vorstellung beim Schichtl?
Fantastisch. In Wien nennt man ein solches Theater eine Pawlatschenbühne. Der Schichtl ist genau so, wie es sein muss. Die Vorstellung ist kurz und bündig.
Und wie finden Sie den Rest der Theresienwiese?
Es ist wie im Wiener Wurstelprater, der kleinere Teil dieses großen Wiener Parks. Da wird weniger Tracht getragen, dafür sind mehr Jugendgangs unterwegs. Die Stimmung ist da etwas anders, weil die Fahrgeschäfte fest installiert sind. Statt der Bierzelte gibt es im Prater Wirtshäuser, die das ganze Jahr offen sind.
Würden Sie sich in den Starflyer trauen, diesem Kettenkarussel, das auf Augenhöhe mit der Paulskirche geht?
Finde ich ganz toll – München so von oben zu sehen. Ich bin komplett schwindelfrei. Im Prater ist dieses Fahrgeschäft noch größer. Aber leider auch windanfälliger. Da dreht es einen dann noch mehr.
Mögen Sie die Musik, die auf der Wiesn gespielt wird?
Ich habe draußen Techno gehört. Das brauche ich nicht. Aber gute traditionelle Volksmusik mag ich.
Die Dame der zweiköpfigen Band spielt hier auf einer elektrischen Geige. Ist das schlimm?
Das ist nur eine Verstärkung. Geigen muss sie auch nicht anders als auf einem traditionellen Instrument. Außerdem ist die Dame fesch. Und jetzt spielt sie ein „Machen wir’s den Schwalben nach“ aus der „Czárdásfürstin“ von Emmerich Kálmán. Charmant!
Was spielen Sie als nächstes im Gärtnerplatztheater?
„Das Lächeln einer Sommernacht“ von Stephen Sondheim– mehr ein Schauspiel mit Musik als ein Musical. Es basiert auf dem gleichnamigen Film von Ingmar Bergman. Ein in die Jahre gekommener Mann frischt seine alte Liebe auf: Er ist zwar verheiratet, betrügt seine Frau aber mit seiner ehemaligen Liebhaberin. Sondheims Musik steht in Dreiertakten. Das Stück vermittelt ein wienerisches Walzergefühl, obwohl es in Schweden spielt.
Ziehen Sie gern Tracht an?
Das ist für mich Verkleidung. Ich habe keinen Bezug dazu. Und: Was ist an der Tracht traditionell? Die wurde vor 150 Jahren kreiert und verschönert. Historische Kleidung gefällt mir besser.
Eine Lederhose haben Sie dann vermutlich auch nicht?
Ich glaube, dass in meinem Elternhaus bei Salzburg noch ein paar alte Lederhosen herumliegen. Aber ich habe sonst nichts. Derzeit trete ich an der Wiener Volksoper im „Weißen Rößl“ auf. Da tragen zwar viele Kollegen Tracht aus dem Salzkammergut. Nur ich nicht – als Zahlkellner Leopold.
Schmecken Ihnen die Weißwürste vom Schichtl?
Sehr. Ich bin ein Ringerlschneider: Jedes Ringerl wird extra abgeschält. Das geht sehr leicht.
Ich schneide sie in zwei Hälften, setze einen Längsschnitt und ziehe dann die Haut ab.
Das mag ich nicht, das zerstört die Optik.
Vielleicht ist das eine österreichische Tradition.
Das weiß ich leider nicht. Es hat sich bei mir so ergeben.
Welchen Senf nehmen Sie?
Gar keinen. Ich esse sie pur. Senf verwende ich nur als Gewürz.
Ihr Wiesn-Resümee?
Ich habe mir die Bierzelte nicht so groß vorgestellt. Das hat mich beeindruckt. Der Montagmittag ist eine Zeit, zu der ich die Wiesn gut aushalten kann. Sonst wäre es schwieriger für mich. Aber ich vergönne die Wiesn natürlich jedem, der Spaß daran hat.