Das Video "The Loop of the Nibelungs" von Simon Steen-Andersen

Simon Steen-Andersens „The Loop of the Nibelung“ entführt per Video in sonst unzugängliche Räume des Bayreuther Festspielhauses
Robert Braunmüller |
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Zwei Musiker auf einem fahrbaren Podium bei „The Loop of the Nibelung“ im Bayreuther Festspielhaus.
Bayreuther Festspiele/David Suenderhauf 5 Zwei Musiker auf einem fahrbaren Podium bei „The Loop of the Nibelung“ im Bayreuther Festspielhaus.
Der Komponist und Klangkünstler Simon Steen-Anderson.
EvS Musikstiftung 5 Der Komponist und Klangkünstler Simon Steen-Anderson.
Szenen aus "The Loop of the Nibelung" im Bayreuther Festspielhaus.
Foto: Bayreuther Festspiele/David Suenderhauf 5 Szenen aus "The Loop of the Nibelung" im Bayreuther Festspielhaus.
Szenen aus "The Loop of the Nibelung" im Bayreuther Festspielhaus.
Foto: Bayreuther Festspiele/David Suenderhauf 5 Szenen aus "The Loop of the Nibelung" im Bayreuther Festspielhaus.
Szenen aus "The Loop of the Nibelung" im Bayreuther Festspielhaus.
Foto: Bayreuther Festspiele/David Suenderhauf 5 Szenen aus "The Loop of the Nibelung" im Bayreuther Festspielhaus.

Das Kontra-Es des Uranfangs brummt rauer als sonst. Dann blendet der Glanz des Rheingolds durch den einen schmalen Spalt weit geöffneten Vorhang. Die Kamera saust mittendurch, Alberich raubt den Schatz aus einem Aquarium, und es beginnt die rasante Fahrt einer Kugelbahn, die erst eine Desinfektionsmittelflasche passiert und den Zuschauer in selbst den meisten Mitwirkenden verborgene Räume des Bayreuther Festspielhauses führt.

Der „Loop of the Nibelung“ des Komponisten und Klangkünstlers Simon Steen-Andersen sollte als Performance mit Video die Bayreuther Neuinszenierung von Wagners Opernvierteiler im Rahmenprogramm begleiten. Der in Berlin lebende 44-jährige Däne nutzte die Chance, das Projekt zu einem Video-Parcours auszubauen, der auch Wagnerianer begeistern dürfte, die sonst den Kontakt mit Neuer Musik scheuen. Dass dies so gut funktioniert, ist umso überraschender, weil Steen-Andersen vor vier Jahren bei der ersten Münchnener Musiktheater-Biennale unter Daniel Ott und Manos Tsanagris mit der zwar virtuosen, aber überlangen Klangbastelei „if this then that and now what“ eher nervte.

Wagner als Klangkünstler

Der „Loop of the Nibelung“ dauert nur eine gute halbe Stunde. Die ist voller Assoziationen und Klänge. Das Potenzial des von Geschichten und Klängen aufgeladenen Festspielhauses, in dem jedes Plastik-Telefon und jeder alte Lautsprecher etwas zu erzählen haben, wird voll ausgereizt. Wagnerianer dürften viel Spaß daran haben, Momente der Tetralogie wiederzuerkennen. Außerdem werden Requisiten aus dem Werk des Meisters verwendet, die Techniken der Klangkunst vorwegnehmen, wie etwa das Hämmern der Ambosse in Nibelheim und die Gralsglocken aus „Parsifal“.

Die bei Steen-Andersen obligatorische Kugelbahn gibt das Tempo vor. Das kommt der Ungeduld eines Zuschauers am Bildschirm sehr entgegen. Der Weg führt durch Gänge und Werkstätten über den Orchestergraben auf die Unterbühne, von der zwei befrackte Musiker auf einem Podium nach oben gefahren werden, während sie die Verwandlungsmusik aus „Rheingold“ spielen.

Auf dem Dach, neben einer sonst unsichtbaren Klimaanlage, begrüßt eine Mezzosopranistin Walhall, dessen Brand später ein Bassist als stark verlangsamte und tiefer gelegte Waltraute prophezeit. Ein Leitmotiv des Videos bilden Originaltöne aus Interviews mit der Sopranistin Kirsten Flagstad. Wenn sie von ihrem Vorsingen berichtet, bläst ein Oboist mit seinem Instrument einen Ballon auf. Der zerplatzt ähnlich knallend, wie Sänger im alten Bayreuth mit Konsonanten zu spucken pflegten.

Das Klebeband des Nibelungen

Dann lauscht der Performer mit seinem Mikrofon dem Echo des Klangs nach, indem er das Metall der Bühnentechnik anschlägt. Selbst der finale Weltenbrand fällt nicht aus: Er ereignet sich mit Nebelmaschine und einem Feueralarm.

Im Grunde genommen wiederholt Steen-Andersen nur ein bereits mehrfach bewährtes Rezept: Ein Performer beklopft, rüttelt und schüttelt vorgefundene Instrumente, Geräte, Gegenstände und Bauteile. Und während er ein Krepp-Klebeband entrollt, nimmt er dessen prasselndes Rauschen mit dem Mikrofon auf. Ein Kameramann bleibt ihm dicht auf den Fersen und dokumentiert alles.

Ohne Corona hätte es dieses Projekt in der mittlerweile unverzichtbaren, von Marie Luise Maintz kuratierten Reihe „Diskurs Bayreuth“ nicht gegeben. Aber Corona kommt – von einer Desinfektionsmittelflasche abgesehen – nicht vor. Auch von Entfremdungs-Erzählungen und Masken wird freudlicherweise abgesehen. „Loop of the Nibelung“ ist ein Beweis, wie kreativ ein Künstler eine Chance nutzen kann. Und dass Neue Musik, Witz und die Auseinandersetzung mit einer großen Tradition nicht immer fremdeln müssen.

Simon Steen-Andersens „Loop of the Nibelung“ auf br-klassik.de/video und auf der Homepage der Bayreuther Festspiele
 

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