Das Programm "Highlights" - die AZ-Kritik
Eine knappe Viertelstunde lang hört man nur, wie ein Publikum mucksmäuschenstill sein will und versucht, die Atmung einzustellen. Das schaffen nicht viele in einem Varietétheater und ist derzeit vor allem Künstlern vorbehalten, die sich der so genannten Sanddorn-Balance verschrieben haben. Die Schweizerin Naima Rhyn Rigolo – den Nachnamen trägt sie zu Ehren ihres Lehrmeisters Mädir Rigolo – baut aus 13 Palmrispen und einer Feder ein waghalsig fragiles Mobile, das es am Schluss malerisch wieder zerbröselt.
In den „Highlights“, der aktuellen Show im GOP-Varietétheater, gibt es einen weiteren Schweizer. Kris Kremo ist allerdings nicht meditativ, sondern ein Urgestein der temporeichen Jonglage. 1975 startete er seine Karriere im Circus Krone und trat seither auf den großen Shows zwischen Paris und Las Vegas auf. Der heute 65-jährige tritt sehr klassisch und immer noch sehr cool auf. Das trifft auch auf Martin Quilitz zu. Der 49-Jährige, der in Potsdam lebt, ist das Herz der „Highlights“-Shows von GOP und ein Conférencier, wie man ihn sich klassischer kaum vorstellen kann.
Elemente der Akrobatik wortreich und verspielt verknüpft
Frech, schlagfertig, aber immer charmant quasselt er sich durch den Abend, zeigt in Videoeinspielern sein Scheitern als Artist, führt die Talkshow ins Varieté ein und flachst mit den Zuschauern in den ersten Reihen. So verknüpft er auch ganz unterschiedliche Elemente der Akrobatik wortreich und verspielt. Das beginnt bei eher traditionellen Disziplinen wie dem Vertikalseil, an dem Linda Sander vorführt, dass es zum Tanzen keinen Boden braucht, oder das Cyr, in dem der 23-jährige Kanadier Gabriel Drouin virtuos rotiert.
Eher exotisch ist hier die vertikale Stange, die in der üblichen chinesischen Variante aus Metall besteht, bei den Indern aber ein populäres Sportgerät aus Holz ist, das Mallakhamb heißt. Wie sich Narendra Rameshrao Gade und Mayur Vilus Dalai an, auf und entlang des Pfahls aus Teakholz bewegen, hat allerdings mit Sport, der den Grenzen der Schwerkraft unterworfen ist, nichts mehr zu tun. Dafür gelingt dem Musik-Comedyduo Bonse & Korthaus die ebenso clownesk ironische Verschmelzung von Varieté, Waldorf-Pädagogik und Physiotherapie.
GOP-Varietétheater, bis 8. Mai, dienstags bis donnerstags 20 Uhr, freitags und samstags 17.30 und 21 Uhr, sonn- und feiertags 14.30 und 18.30 Uhr, Telefon 210288444
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