Das Musical "Sound of Music" - die AZ-Kritik

Vom Landestheater Salzburg nach München: Das Musical "Sound of Music" im Prinzregententheater
von  Mathias Hejny

Vom Landestheater Salzburg nach München: Das Musical "Sound of Music" im Prinzregententheater

Ausgerechnet Lady Gaga sang bei der diesjährigen Oscar-Gala ein Potpourri aus dem Musical, das von einer Familie mit kreuzbravem Kinderchor und viel österreichischem Alpen-Kitsch erzählt. Der Film mit Julie Andrews und Christopher Plummer ist 50 Jahre alt, erhielt damals fünf Oscars und ist mit 1,2 Milliarden Zuschauern einer der meistgesehenen Kinofilme aller Zeiten.

Schon 1956 gab es einen im deutschsprachigen Raum erfolgreichen Heimatfilm „Die Trapp-Familie“ mit Ruth Leuwerik und Hans Holt über die Geschichte der musikalischen Großfamilie aus Salzburg, die vor den Nazis in die USA floh. Dort waren sie für einige Jahre Showstars, wie wir es in den 90ern wieder von der Kelly Family kannten.

Zurückgenommene Süßlichkeit und Tränen im Publikum

Der Hollywood-Film basiert auf dem letzten Werk des höchst kreativen Autorengespanns Richard Rodgers und Oscar Hammerstein aus dem Jahr 1959 und wurde so etwas wie die Mozartkugel der Musicalwelt. 2011, mehr als ein halbes Jahrhundert nach der Uraufführung, kam „The Sound of Music“ zum ersten Mal an seinem Schauplatz an. Die Trapps sind seither im Salzburger Landestheater ein Verkaufsschlager und jetzt im Prinzregententheater, wo sie beim begeisterten Publikum für tränenfeuchte Augen sorgen.

Dabei sind alle bemüht, die süßlichen Gefühligkeiten so weit, wie es bei Story und Musik überhaupt möglich ist, nicht allzu auffällig zu machen. Hammersteins extrabreiten Broadway-Sound strafft Peter Ewaldt und das Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz mit leichtem, trockenen Klang und zügigem Tempo.

Ausstatter Court Watsons stilisiert das Alpenpanorama an der Salzach so stark, dass es auch ohne Postkarten-Pracht eindrucksvoll wirkt. Die Villa Trapp, die für US-Touristen mindestens so wichtig ist wie das Mozart-Haus, ist hier fast naturalistisch nachgebaut.

Ein Sonnenschein

Auch das Regieteam aus Andreas Gergen und Christian Strippeck setzt auf klare, einfache Bilder, flotte Szenenwechsel und die nicht sonderlich aufwändigen, aber originellen kleinen Choreografien von Kim Duddy. Bei Uwe Kröger, dem Star der Produktion als dem Baron von Trapp, gelang die Zurückhaltung ein wenig zu gut: Er ist so wenig konturiert, dass sich der Zuschauer das Ringen zwischen der militärischen Disziplin des Marineoffiziers und dem Bedürfnis, die Liebe zu seinen Kindern mit Herzlichkeit zu zeigen, ein wenig selbst zurechtdenken muss. Nur beim Herzschmelz-Hit „Edelweiß“ gönnt er sich Emotionalität.

Ein Sonnenschein mit viel Temperament hingegen ist Milica Jovanovic in der Partie der Maria, die als Novizin von ihrem Kloster als Kindermädchen ins Trapp-Haus geschickt wird. Ihr glockenheller Sopran und das spielerische Singen mit den Kindern machen den Abend fröhlich. Dieser Stimmung entgegen steht der Zeitgeist in den Tagen des „Anschlusses“ Österreichs an Hitlers Deutschland 1938, dem die Salzburger Inszenierung mehr Raum lässt als die Verfilmung. Der Auftritt der Trapp-Familie bei den Festspielen findet unter einem bedrohlich mächtigen Hakenkreuz statt.

Prinzregententheater, bis 6. April außer Freitag, 19.30 Uhr, 38 - 84 Euro, Karten unter 21 85 28 89

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