"Das Abschiedsdinner": Martin Semmelrogge ist im Bayerischen Hof zu Gast
Auf den ersten Eindruck ist das eine sehr sympathische Einladung: Ein Abendessen für einen langjährigen Freund, bei dem das Lieblingsessen serviert und ein teurer Wein aus seinem Geburtsjahr verkostet wird. Was der Gast nicht weiß: Dieses Dinner ist ein Abschied, denn die Gastgeber sind genervt vom alten Kumpel, den sie anschließend nie wiedersehen wollen.
Heute ist in der Komödie im Bayerischen Hof Premiere von "Das Abschiedsdinner" mit Semmelrogge als Antoine, den Clotilde und Pierre endlich loswerden wollen. Der 67-Jährige mit Hauptwohnsitz auf Mallorca gehört seit 50 Jahren zu den markanten Gesichtern wie unverwechselbaren Stimmen des Fernsehens. Er hat in Produktionen wie "Das Boot" von Wolfgang Petersen oder "Schindlers Liste" von Steven Spielberg Filmgeschichte mitgeschrieben.

AZ: Herr Semmelrogge, Sie besuchten zusammen mit Mariella Ahrens, Ihrer Partnerin im "Abschiedsdinner", in der vergangenen Woche das Münchner Filmfest. Wie war der Ausflug in die aktuelle Kinowelt?
MARTIN SEMMELROGGE: Das Münchner Filmfest ist immer wieder schön, auch dann, wenn man nicht oben bei der Preisverleihung steht. Da herrscht ein wenig mehr Laissez-faire und die ganze Veranstaltung gefällt mir sehr gut. Auch die bayerische Digitalministerin Judith Gerlach war sehr lustig. Und der Eröffnungsfilm "The Persian Version" war großartig.
Martin Semmelrogge lebte lange im Lehel
Ihre schauspielerischen Anfänge liegen hier in München und noch in Schwarzweiß, als Sie in der Serie "Der Kommissar" einen 16-jährigen Vatermörder spielten. Wie erleben Sie München heute?
Am Sonntag war ich mit einem Enkelsohn, meiner Tochter und ihrem Mann am Eisbach. Mario Gómez und seine Family waren auch da. Man sieht: Ohne dass man viel tun muss, ist München einfach lässig. Den Englischen Garten kenne ich natürlich und ich habe lange im Lehel gewohnt. Und mit meinem E-Bike bin ich jetzt ein paar Mal zur Probebühne der Komödie nach Pasing gefahren.

Einer der Höhepunkte des Stücks ist ein doppelter Striptease der beiden Männer. Wie weit gehen Sie da?
Das ist so etwas wie eine Therapie. Wir ziehen die Haut des jeweils anderen an. Es geht bis zu den Socken und bis zur Unterhose und vor allem darum, das seelische Ich zu enthüllen. Wir rennen also nicht nackt über die Bühne, sondern entblößen nur unsere Seelen. Das Schöne an dem Stück ist, das es mal so und mal so hinschwingt. Vor allem meine Figur wechselt immer wieder.
Martin Semmelrogge: "Über einen einzigen guten Freund kann man froh sein"
Wer ist denn dieser Antoine?
Er ist ein Narziss, ein Egomane und ewiger Student. Er untersucht seit zehn Jahren den Einfluss der waldkarpatischen Dialekte und der Theiß-Schifffahrt auf die deutschsprachigen Siedlungsgebiete im Banat. Also eine komplexe Rolle, und übergriffig ist der Junge auch noch. Aber bei allen dreien laufen die Ehen nicht mehr. Antoines Frau tritt gar nicht auf und von ihr wird nur gesprochen. Aber – ich will natürlich nicht zu viel verraten – dreht er am Schluss den Spieß um. Er ist längst abserviert und hat dann wie Columbo doch noch eine Frage. Am Ende gibt es keinen Verlierer.

Haben Sie persönlich solche Freunde, die Sie am liebsten loswerden würden?
Mit Freundschaften war es schon immer schwierig. Du kannst froh sein, wenn du einen einzigen wirklich guten Freund hast. Man muss ja nicht ständig zusammenhängen. Aber ich freue mich jetzt schon wieder auf Mallorca.
Martin Semmelrogge liebt Mallorca und Amerika
Was hat Mallorca, was Sie in Bayern nicht finden?
Eine ganz andere Welt. Es ist halt Spanien und es gibt mehr internationale Leute. Ich meine natürlich nicht die Party-Engländer. Aber die Mallorquiner sind Bauern – wie ich selbst es bin. Ich finde dort meine ländlichen Wurzeln. Im Sommer ist es natürlich nicht so schön, weil zu viele Leute da sind. Ich mag es nicht, wenn viele Leute um mich herum sind. Das strengt mich einfach sehr an. Aber das ballt sich nur an wenigen Orten und es ist eine wunderschöne große Insel. Und ich liebe auch Amerika, wenn man mal die Politik außen vor lässt.
Jochen Busse ist der Regisseur des "Abschiedsdinners". Er gehört zu einer noch älteren Generation. Wie arbeitete es sich mit ihm?
Nein, der Regisseur ist jetzt Marko Pustišek, der auch den Pierre spielt.
Aber die ursprüngliche Inszenierung für die Theater in Düsseldorf und Essen soll doch von Busse sein?
Das hat jetzt nicht mehr viel damit zu tun. Jochen Busse ist natürlich eine Legende und ein wirkliches Original. Wir haben schon in Düsseldorf die Figuren noch weiter ausgearbeitet, Vieles völlig umgekrempelt und auch ein anderes Bühnenbild. Man kann immer alles verbessern.
Komödie im Bayerischen Hof, Promenadeplatz 6, Premiere heute, 19.30 Uhr, bis 14. August Mo bis Sa 19.30 Uhr, So 18 Uhr, Karten unter Telefon 29161633