"Cuba Vibra" im Deutschen Theater: Schmackes in den Hüften

Mit ziemlich heißen Rhythmen überzeugt die Tanzshow "Cuba Vibra" im Deutsche Theater.
von  Vesna Mlakar
Absolut mitreißend tanzt die Kompagnie von Lizt Alfonso. So richtig allerdings erst im zweiten Teil des Abends.
Absolut mitreißend tanzt die Kompagnie von Lizt Alfonso. So richtig allerdings erst im zweiten Teil des Abends. © Eduardo Patino

Ein Rausch aus Rhythmen, Farben, Kostümen, Video- und Lichtdesign - das ist gerade im Deutschen Theater zu erleben. Stimmstark begleitet eine Sängerin (Geidy Chapman), flankiert von einer mehrköpfigen kubanischen Combo, prächtige Tanzformationen live auf der Bühne. Jedes Detail in der von Lizt Alfonso inszenierten und choreografierten Show kommt super professionell daher. Zunächst unterwandert "¡Cuba Vibra!" jedoch erst einmal verschiedenste Erwartungshaltungen.

Freilich ist der in Andalusien verwurzelte Flamenco durch die spanische Kolonialisierung auch in Kuba bekannt. Aber warum müssen seine Rüschen, typischen Fußschläge, kantig erhobenen Arme und geschmeidig kreiselnden Handgelenke nahezu den gesamten ersten Teil vor der Pause dominieren? Eine mit zepterartigen Stöcken mystisch aufgeladene, nicht ganz nachvollziehbar amazonenhafte Nummer bietet leider zu wenig Abwechslung, wo Zuschauer heißblütigem Temperament, intersexueller Spannung und dem Tanzen als purem Lebensgefühl entgegenfiebern.

Lockerheit und Stimmung im Deutschen Theater

Ein Glück, dass die bildschönen Girl-Lines doch noch in weiten, afrokubanischen Roben und hölzernen Schlappen auftreten und die Faszination im kulturellen Austausch entstandener Hybridformen unter Beweis stellen. Endlich eine Prise volkstümliches Kuba-Feeling - und schon herrscht Lockerheit und Stimmung.

Gut, dass man aufatmen konnte und Spanien gedanklich hinter sich lassen durfte. Nach der Pause geht es dann ganz im Sinn der Ankündigungstexte richtig zur Sache. Sechs Solisten geben hingebungsvoll als Paare Gas. Wie von der Leine gelassen, schlagen die Tänzerinnen - Schmackes in Schultern und Hüften - den zuvor eher starren Strukturen ein Schnippchen. Und das bis hin zum Rock'n Roll, der in den 1950er Jahren essenziell zu Kuba gehörte.

Drei männliche Tänzer vom Feinsten - wohltrainiert im von Kompanie-Chefin Lizt Alfonso gepflegten Amalgamieren von Stilen, von kubanischer Tanz-Kultur und Elementen des Balletts, Flamenco und Modern Dance - mischen die vielen Damen, die jetzt den Säumen ihrer Ballkleidchen keine Ruhe gönnen, kraftvoll auf.

Seit ihrer Gründung im Jahr 1991 hat sich die in Havanna ansässige Lizt Alfonso Dance Company einen Namen unter den renommiertesten Tanzkompanien Lateinamerikas erarbeitet. Dabei war ursprünglich eines der Markenzeichen, dass keine Männer in der Truppe mittanzten. "¡Cuba Vibra!" wäre ohne sie allerdings viel ärmer.

"¡Cuba Vibra!": Tolle Interpreten, ohrwurmtaugliche Lieder

Im Hintergrund, über einigen Treppenstufen, die oft in die stets hübsch konstruierten Choreografien eingebundenen sind, blinkert es mächtig. Geometrische Muster variieren mit bewegten Wellenlinien, die von schwingenden Röcken und dem Meer rund um Kuba erzählen. Und dann sind da noch diese Figuren mit einem animierten Eigenleben, das manchmal schon fast unheimlich vom realen Tanzgeschehen ablenkt. Frauengesichter, die sich stilistisch am besten zwischen japanischen Mangas und der Berliner Art-Déco-Malerin Dörte Clara Wolff, genannt Dodo, verorten lassen. Ihre katzenschrägen Augen blinzeln dem Publikum ab und an eindringlich zu. Ein irritierendes Gegenüber, das den Mix an Showelementen dekorativ doppelt.

Weniger wäre hier mehr. Solche tollen Interpreten haben jenseits ihrer Musik und einer Palette durchwegs ohrwurmtauglicher Lieder kein weiteres Brimborium nötig. Sie fesseln allein mittels ihrer flexiblen, dynamischen Körper. Es dauert zwar, am Ende kulminiert "¡Cuba Vibra!" doch noch in einem grandiosen Hoch auf die mitreißenden Rhythmen von Salsa, Rumba, Mambo und Cha-Cha-Cha. Gut so.

Noch bis Sonntag im Deutschen Theater, Karten unter Telefon 55 23 44 44 und deutsches-theater.de

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