"Cosi fan tutte", inszeniert für Mozart-Genießer von Olivier Tambosi

Olivier Tambosis komödiantische Inszenierung von Mozarts "Cosi fan tutte" im Cuvilliéstheater
von  Robert Braunmüller

Olivier Tambosis komödiantische Inszenierung von Mozarts "Così fan tutte" im Cuvilliéstheater

Fiordiligi und Dorabella sind Schwestern aus Neapel. In den meisten Inszenierungen von Mozarts „Così fan tutte“ schauen auch ihre Liebhaber wie Brüder aus. Wer wen ordnungsgemäß liebt, lässt sich bei dieser Partnertausch-Oper meist kaum auseinander halten. Noch schwieriger wird es, wenn der Mezzo wie ein kurzer Sopran singt und dem Bariton viel glänzendes Metall beigemischt ist. Dann helfen auch die Ohren kaum weiter. Und die Verwirrung hat kein Ende.

Der Regisseur Olivier Tambosi dreht alles noch einen Tick weiter. Auf seiner Bühne regiert Symmetrie. Die beiden Schwestern tragen die gleichen Kleider – als seien sie eineiige Zwillinge. Bei den Herren kommt auch der nüchterne Zuschauer auf die Idee, er sähe einen Mann doppelt. Und zwar sowohl anfangs als schwarzhaarige Offiziere mit Gelfrisur wie später in der Ganzkörperverkleidung als Herren aus dem arabischen Raum. Dass der eine laut Libretto brünett sein soll und der andere blond, hat Tambosi nicht überlesen. Aber nur auf ihre angeklebten Schnurrbärte bezogen.

Unter eineiigen Zwilligen

Natürlich ließe sich einwenden: Die Ähnlichkeit macht gerade plausibel, dass die Damen innerhalb von 24 Stunden dem jeweils anderen Herrn bis zur Eheschließung verfallen. Zur Schwester wechselnde Herren dürften schon im 18. Jahrhundert vorgekommen sein. Aber Mozart will auf das schiere Gegenteil hinaus, den Skandal der weiblichen Untreue: „Così fan tutte“ – so machen es angeblich alle. Deshalb müssen die Herren unverwechselbar sein. Und als Quiproquo unter eineiigen Zwillingen ist die Geschichte für den Zuschauer nur halb so interessant.

Aber sei’s drum. Hören wir auf mit der Nörgelei. Die neue „Così“ des Gärtnerplatztheaters verzichtet auf Interpretations-Neurosen. Sie ist kein kleiner Strindberg, sondern eine Komödie. Die verkleideten Herren stolpern in der Verkleidung über die phallischen Teleobjektive ihrer Kameras. Ein lustiges Bild für ihre Triebsteuerung. Und schon wird Dorabella schwach: Sie lässt sich von Ferrando die Fotos ihrer Unterwäsche zeigen.

Im guten Sinn altmodisch

Tambosi hat keine Angst vor Lustigkeit. Ihm ist eine im guten Sinn altmodische Inszenierung von Mozarts wohl doch bester Oper gelungen.

Das Orchester des Gärtnerplatztheater spielte die Ouvertüre knallig. Der Dirigent Michael Brandstätter machte so von Anfang an klar, dass Komödie gespielt wird. Und zwar unmissverständlich. Der Mann am Hammerklavier (Oleg Ptashnikov) trieb die Handlung voran. Der offenbar premierenbedingte Rumpelfuß renkte sich ein. Und es wurde spätestens ab dem ersten Finale eine feurige, elektrisierende Buffa-Aufführung.

Überragende Mária Celeng

Ein wirkliches, durch Spiellaune zusammengeschweißtes Ensemble stand auf der Bühne. Die Beste unter den sehr Guten der Premierenbesetzung war doch Mária Celeng als selbstbewusste Despina. Ralf Lukas wirkte als Don Alfonso angemessen souverän. Dean Power (Ferrando) und Andrè Schuen (Guglielmo) sangen die Liebhaber kernig-viril. Jennifer O’Loughlin (Fiordiligi) traf das leicht parodistische Seria-Pathos ihrer Arien, und Lena Belkina stand ihr als Dorabella in nichts nach.

Die Kostüme (Carla Caminati) wandern vom spätesten Rokoko in die Gegenwart – als Hinweis auf die Zeitlosigkeit der Geschichte. Das klinisch geflieste Bühnenbild (Bengt Gomér) muss man nicht mögen. Es deutet die Geschichte als Liebesexperiment und Versuchsanordnung. Was bemüht bleibt. Gelungen ist Tambosi der heikle Schluss: Er inszenierte weder die Versöhnung noch einen Zusammenbruch. Die Sänger setzen sich einfach an die Rampe und singen ihr Sprüchlein. Auch wenn nicht alles passt: Die Aufführung ist ein großes Mozart-Vergnügen für Verächter von Regietheater-Verrenkungen. Auch das muss hin und wieder sein.

Cuvilliéstheater, bis 27. Juni fast täglich, Infos unter Telefon 2185 1960

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